Ultraschall Med 2015; 36 - A232
DOI: 10.1055/s-0035-1558758

Spontanabortrate nach Amniozentese und Chorionzottenbiopsie: Audit eines Pränatalzentrums der Jahre 2009 – 2013

R Hammer 1, P Kozlowski 1
  • 1Praenatal-Medizin und Genetik Düsseldorf, Düsseldorf

Ziel: Evaluation der spezifischen Komplikationsrate eines Pränatalzentrums nach invasiver Diagnostik. Material und Methoden: Dies ist eine retrospektive Kohortenstudie auf Basis unserer Datenbank nach telefonischer oder postalischer Ermittlung des Ausgangs der Schwangerschaft. Untersucht wurden 5,635 Schwangerschaften, entsprechend aller isolierten Amniozentesen oder Chorionzottenbiopsien (CVS) der Jahre 2009 bis 2011 bei vitalen Einlings-Schwangerschaften zwischen 15+0 und 18+6 (Amniozentese) und zwischen 11+0 und 14+6 (CVS). Die Ausschlusskriterien zur Ermittlung der Abortrate umfassten fetale Aneuploidien, chromosomale Strukturanomalien, genetische Erkrankungen sowie die Ultraschall-Diagnose einer fetalen Missbildung, einer Störung der Plazenta, der Fruchtwassermenge oder eines Hydrops fetalis. Maternale Ausschlusskriterien waren gesicherte Abortneigung sowie schwere Erkrankungen während der Schwangerschaft. Tabelle 1 listet alle Studienausschlüsse auf. Schwangerschaften mit hohem Aneuploidie-Risiko ohne syndromale US-Merkmale und ohne auffälligen Zytogenetik-Befund wurden nicht ausgeschlossen. Als potentiell eingriffsbezogen wurden alle Spontanaborte vor 24+0 SSW gewertet.

Ergebnis: Insgesamt unterzogen sich von 2009 bis 2013 in unserer Gemeinschaftspraxis 4,326 Patientinnen einer Amniozentese (AZ) und 1,309 Patientinnen einer CVS bei Einlings-Schwangerschaft zwischen 15+0 und 18+6 (Median: 16 Wochen) bzw. 11+0 und 14+6 SSW (Median: 12 Wochen). Von diesen 5,635 Fällen wurden 568 (10,1%) wegen fehlendem Outcome und 790 (14%) wegen chromosomaler und anderer Pathologien von der Auswertung ausgeschlossen, Tabelle 1 zeigt die Details. Die potentiell eingriffsbezogene Spontanabortrate vor 24+0 SSW lag für Amniozentesen respektive CVS bei 0,67% (24/3,605) und 0,89% (6/672). Innerhalb von 1 – 3 Tagen nach Eingriff kam es bei 0,17% (6/3,605, AZ) und 0% (CVS) der eingeschlossenen Patienten zu einem Spontanabort.

Fazit: Die Schlussfolgerungen zu den Spontanbortraten in systematischen Übersichtsarbeiten variieren substanziell, je nachdem wie die Heterogenität der Studien und die Techniken zu ihrem Ausgleich vor einer Zusammenfassung der Daten (Pooling) bewertet und angewandt wurden (Mujezinovic/Alfirevic 20079: Keine signifikante Heterogenität für Spontanverlust innerhalb von 14 Tagen nach Eingriff: 0,6% nach AZ und 0,7% für CVS. Akolekar10 2015: Nach Gewichtung gepooltes, eingriffsbezogenes Risiko für Spontanabort vor 24+0 SSW nach AZ: 0,11% und nach CVS 0,22%). Eine passende Kontrollgruppe zur Ermittlung der eingriffsbezogenen Spontanabortrate bereitzustellen, die in ihrer Risikostruktur auch bezüglich der Biochemie vergleichbar sein muss, ist eine immerwährende Herausforderung. Aus diesen Gründen zählen wir als „Eingriffs-verursacht“ die signifikante Häufung von Spontanaborten in den 1 – 3 Tagen nach dem Eingriff. Diese Zahlen bilden die Grundlage für die Beratung der Schwangeren in unserem Zentrum.

Tab. 1: Details zu den ausgeschlossenen Schwangerschaften

Ausschlussgrund

Anzahl

Anteil

chromosomale Auffälligkeit

597

10,59%

Andere Aneuploidie

5

0,09%

Andere Gonosomale Anomalie

17

0,30%

Mosaik

19

0,34%

Strukturanomalie

88

1,56%

Triploidie

20

0,35%

Trisomie 13

36

0,64%

Trisomie 18

89

1,58%

Trisomie 21

277

4,92%

Turner-Syndrom

46

0,82%

Kein Outcome

568

10,08%

US-Fehlbildung

120

2,13%

Bösartige Neubildung

1

0,02%

Gastrointestinale Fehlbildung

32

0,57%

Herzfehler

24

0,43%

Lippen-Kiefer-Gaumenspalte

3

0,05%

Multiple FB

1

0,02%

Multiple Fehlbildungen

4

0,07%

Skelett-Fehlbildung

9

0,16%

Syndrom

18

0,32%

Urogenitale Fehlbildung

1

0,02%

ZNS-Fehlbildung

27

0,48%

US-Auffälligkeit

48

0,85%

Hydrops fetalis

35

0,62%

schwere fetale Retardierung

6

0,11%

schwere Oligohydramnie

1

0,02%

Skelett-Fehlbildung

2

0,04%

Syndrom

4

0,07%

Kein Ergebnis Karyo

6

0,11%

Avitaler Fet vor invasiver Diagnostik

6

0,11%

Maternale Erkrankung

5

0,09%

Maternale psychische Erkrankung

2

0,04%

Maternale/SS-bezogene Erkrankung

2

0,04%

Maternales Trauma

1

0,02%

Genetische Erkrankung

5

0,09%

Fraser-Syndrom

1

0,02%

Mukoviszidose

1

0,02%

Noonan- Syndrom

1

0,02%

Sichelzellanämie

1

0,02%

Spinale Muskelatrophie

1

0,02%

Widerspruch der Patientin

3

0,05%

Eingeschlossen

4277

75,90%

Gesamtergebnis

5635

100,00%

Tab. 2: Zeitpunkt des Spontanabortes nach AZ und CVS

Tage zwischen AZ/CVS und Spontanabort

Anzahl Spontanaborte nach AZ

Anzahl Spontanaborte nach CVS

1 – 3

6 (0,17%)

0 (0)

4 – 21

3 (0,08%)

1 (0,15%)

> 21 Tage vor 24+0 SSW

9 (0,25%)

4 (0,6%)

nach 24+0 SSW

6 (0,17%)

1 (,15%)

Median Tage

34,5

32

Gesamtergebnis

24 (0,67%)

6 (0,89%)

Abb. 1: Inanspruchnahme invasiver Diagnostik im Quartals-Verlauf 2009 – 2013