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DOI: 10.1055/s-0035-1558370
Erklärt die peritoneale Innervierung die unterschiedliche Schmerzsymptomatik der peritonealen Endometriose und der Peritonealkarzinose des Ovarialkarzinoms?
Fragestellung:
Die peritoneale Endometriose (pEM) und die Peritonealkarzinose des Ovarialkarzinoms (pOC) sind als Pathologien des Peritoneums mit sekundärer Absiedlung von gynäkologischer Bedeutung.
Die pEM geht charakteristischer Weise mit Schmerzen einher, die auch von kleinsten peritonealen Läsionen ausgelöst werden können. Das Ovarialkarzinom hingegen ist aufgrund seiner eher unspezifischen Symptomatik schwieriger zu diagnostizieren und wird häufig erst in fortgeschrittenem Stadium dann mit ausgedehntem Befall des Peritoneums entdeckt.
Für die Entstehung der Schmerzen durch pEM werden, neben inflammatorischen und hormonellen Faktoren, sensorische Nervenfasern verantwortlich gemacht. In dieser Studie wurde die divergente Schmerzpathogenese von pEM und pOC vergleichend untersucht.
Methoden:
Die Nervenfaserdichte im Peritoneum von Frauen mit Endometriose (n = xx) bzw. peritonelen Metastasen (n = xx) wurde vergleichend untersucht. Weiterhin wurde die Expression des Neurotrophins NGF im Peritoneum anhand des Flächen-Intensitäts-Scores (FIS) und in der Peritonealflüssigkeit (PF) bzw im Ascites in relativen Konzentrationen ermittelt. Zudem wurde die Östrogenkonzentration in den PF/Ascites bestimmt und mit einer Kontrollgruppe (KG = gesunde Patientinnen) verglichen.
Ergebnisse:
Die Nervenfaserdichte der pEM (3,83 ± 2,38 NF/mm2) erwies sich als signifikant erhöht im Vergleich zur pOC (1,07 ± 1,33 NF/mm2; p < 0,001). Ein Unterschied zur KG (2,73 ± 1,49 NF/mm2) konnte für die pEM nicht festgestellt werden, jedoch für die pOC (p < 0,05).
NGF wurde in pEM (173,61 ± 97,12%) als auch in der pOC (218 ± 59,43%) signifikant erhöht exprimiert im Vergleich zur KG (11,11 ± 13,78%; p < 0,001). In den PF konnte NGF in pEM (1,01 ± 0,4) und in der pOC (0,95 ± 0,4) nachgewiesen werden, allerdings zeigte sich kein Unterschied zur KG (1,00 ± 0,32).
Die Konzentration von Östrogen in den PF erwies sich als signifikant höher in pEM (371,8 ± 797,4 pmol/l) verglichen zur pOC (10,5 ± 8,2 pmol/l; p < 0,001). Es konnte kein Unterschied zwischen der pEM und der KG (196,0 ± 350,2 pmol/l) ausgemacht werden, jedoch zwischen der pOC und der KG (p < 0,001).
Schlussfolgerung:
Die geringere Nervenfaserdichte in der pOC steht im Einklang mit der, trotz ausgedehntem Befall des Peritoneums, nur unspezifischen klinischen Symptomatik. Folglich könnte die höhere Nervenfaserdichte die Schmerzen in pEM mit erklären.
Für pEM und pOC konnten ähnliche NGF-Expressionsmuster bestimmt werden. Ein Einfluss von NGF auf die Nervenfasern in pEM kann angenommen werden. In der pOC hingegen scheint NGF das Nervenfaserwachstum nicht zu beeinflussen. Andere Untersuchungen schreiben NGF eine entscheidende Rolle in der Tumor-induzierten Angiogenese zu. Hier bedarf es weiterer experimenteller Validierung unter Berücksichtigung der Interaktion von Ligand und Rezeptor.
Östrogen kann über die Sensitivierung sensorischer Nervenfasern vermutlich zu einer Veränderung des Schmerzempfindens führen. Die geringe Östrogenkonzentration in der pOC macht einen Einfluss von Östrogen unwahrscheinlich und ist vereinbar mit der unspezifischen Symptomatik der Erkrankung. In pEM hingegen kann eine Beteiligung von Östrogen in der Schmerzpathogenese angenommen werden.
Zusammenfassung:
In dieser Studie wurde gezeigt, dass die Innervierung sowie das Aufkommen von Neurotrophinen und Hormonen in pEM und der pOC mit einer krankheitstypischen Schmerzsymptomatik einhergehen kann. Ein besseres Verständnis der Schmerzpathogenese der pEM könnte dazu beitragen, wirksame Therapiemethoden zu entwickeln.