Einleitung: Methadon/Polamidon, Buprenorphin und künftig vermutlich Morphin/Substitol sind in
Deutschland verbreitete Substitutionstherapeutika. Zur Einnahmekontrolle bzw. Compliance-Überprüfung
wurden diese üblicherweise im Urin bestimmt. Eine Methadon-Einnahme kann auch im Blut
bzw. Serum überprüft werden. Neuerdings ist auch eine Therapiekontrolle im Speichel
möglich. Im Speichel ist, anders als im Blut, auch die Untersuchung bei Therapie mit
Buprenorphin, Diamorphin/Heroin und Morphin/Substitol sinnvoll.
Eine Besonderheit von Speichel ist – im Gegensatz zu Urin –, dass Medikamenten-Konzentrationen
im Speichel mit den Blutkonzentrationen korrelieren. Da Blutspiegel Maß für die pharmakologische
Wirkung sind, korrelieren auch Speichel-Konzentrationen mit der pharmakologischen
Wirkung. Bei oraler Aufnahme ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei kurz zurückliegender
Aufnahme Rückstände im Mundraum zum Ergebnis beitragen, weshalb die Zeitspanne seit
der letzten oralen Einnahme ggf. zu berücksichtigen ist. Eine weitere Besonderheit
von Speichel ist, dass die Probenahme nicht-invasiv und ohne Entblößung unter direkter
Sicht durchgeführt werden kann – im Gegensatz zur Urin-Sichtkontrolle.
Methoden: Bei mit Methadon bzw. Buprenorphin behandelten Patienten wurden die Konzentration
des Medikamentes und dessen Hauptmetaboliten quantitativ im Speichel und im Urin bestimmt.
Zu 42 Proben waren die Art der Medikation, die verordnete Dosis und die Zeitspanne
seit der letzten oralen Einnahme bekannt. In einer retrospektiven statistischen Auswertung
wurden die gemessenen Konzentrationen auf Abhängigkeiten zu anderen Daten untersucht.
Ergebnisse: Die Urinkonzentrationen sind nur schwach mit der Dosis und nur sehr schwach mit den
Speichel-Konzentrationen assoziiert, möglicherweise auch, da die Urinproben ohne Sichtkontrolle
gewonnen wurden (Probenmanipulationen des Urins möglich). Im Speichel findet sich
eine deutliche Dosis-Abhängigkeit der Konzentrationen. Zudem ist das Konzentrations-Verhältnis
von Gabeform zu Metabolit im Speichel – wie auch im Urin – eine wichtige diagnostische
Information. In mehreren Fällen wurde anhand der Speichel-Ergebnisse ein heimliches
Absetzen bzw. Abdosieren der Medikation aufgedeckt.
Möglich war dies nur durch eine sensitive und zugleich spezifische Konzentrationsbestimmung,
wie sie derzeit im Speichel ausschließlich mit chromatografischen Methoden wie der
LC-MS/MS möglich ist. Immunoassays können Gabeform und Metabolite nicht unterscheiden
und besitzen zu hohe Cut-Offs, d.h. eine zu geringe Sensitivität. Alternativ getestete
„Streifenteste“ erwiesen sich als ungeeignet.
Diskussion: Speichel ist ein geeignetes Untersuchungsmaterial zur Einnahmekontrolle bzw. Compliance-Überprüfung
auch bei Methadon/Polamidon-, Buprenorphin- und voraussichtlich auch bei Morphin/Substitol-Therapie.
Die Ergebnisse belegen eine Einnahme oder Nicht-Einnahme und lassen auch Schlüsse
auf die Therapietreue zu, insbesondere wenn Informationen wie die verordnete Dosis
und die Zeit seit der letzten oralen Einnahme vorliegen. Auch wenn diese Informationen
nicht bekannt sind, sind die Ergebnisse aufgrund des Verhältnisses von Gabeform zu
Metabolit zur Therapiesteuerung geeignet.