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DOI: 10.1055/s-0035-1557717
Speichel-Testung statt Urin: Methadon- und Buprenorphin-Therapiemonitoring im Speichel und im Urin – Ergebnisse einer retrospektiven Auswertung
Einleitung: Methadon/Polamidon, Buprenorphin und künftig vermutlich Morphin/Substitol sind in Deutschland verbreitete Substitutionstherapeutika. Zur Einnahmekontrolle bzw. Compliance-Überprüfung wurden diese üblicherweise im Urin bestimmt. Eine Methadon-Einnahme kann auch im Blut bzw. Serum überprüft werden. Neuerdings ist auch eine Therapiekontrolle im Speichel möglich. Im Speichel ist, anders als im Blut, auch die Untersuchung bei Therapie mit Buprenorphin, Diamorphin/Heroin und Morphin/Substitol sinnvoll.
Eine Besonderheit von Speichel ist – im Gegensatz zu Urin –, dass Medikamenten-Konzentrationen im Speichel mit den Blutkonzentrationen korrelieren. Da Blutspiegel Maß für die pharmakologische Wirkung sind, korrelieren auch Speichel-Konzentrationen mit der pharmakologischen Wirkung. Bei oraler Aufnahme ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei kurz zurückliegender Aufnahme Rückstände im Mundraum zum Ergebnis beitragen, weshalb die Zeitspanne seit der letzten oralen Einnahme ggf. zu berücksichtigen ist. Eine weitere Besonderheit von Speichel ist, dass die Probenahme nicht-invasiv und ohne Entblößung unter direkter Sicht durchgeführt werden kann – im Gegensatz zur Urin-Sichtkontrolle.
Methoden: Bei mit Methadon bzw. Buprenorphin behandelten Patienten wurden die Konzentration des Medikamentes und dessen Hauptmetaboliten quantitativ im Speichel und im Urin bestimmt. Zu 42 Proben waren die Art der Medikation, die verordnete Dosis und die Zeitspanne seit der letzten oralen Einnahme bekannt. In einer retrospektiven statistischen Auswertung wurden die gemessenen Konzentrationen auf Abhängigkeiten zu anderen Daten untersucht.
Ergebnisse: Die Urinkonzentrationen sind nur schwach mit der Dosis und nur sehr schwach mit den Speichel-Konzentrationen assoziiert, möglicherweise auch, da die Urinproben ohne Sichtkontrolle gewonnen wurden (Probenmanipulationen des Urins möglich). Im Speichel findet sich eine deutliche Dosis-Abhängigkeit der Konzentrationen. Zudem ist das Konzentrations-Verhältnis von Gabeform zu Metabolit im Speichel – wie auch im Urin – eine wichtige diagnostische Information. In mehreren Fällen wurde anhand der Speichel-Ergebnisse ein heimliches Absetzen bzw. Abdosieren der Medikation aufgedeckt.
Möglich war dies nur durch eine sensitive und zugleich spezifische Konzentrationsbestimmung, wie sie derzeit im Speichel ausschließlich mit chromatografischen Methoden wie der LC-MS/MS möglich ist. Immunoassays können Gabeform und Metabolite nicht unterscheiden und besitzen zu hohe Cut-Offs, d.h. eine zu geringe Sensitivität. Alternativ getestete „Streifenteste“ erwiesen sich als ungeeignet.
Diskussion: Speichel ist ein geeignetes Untersuchungsmaterial zur Einnahmekontrolle bzw. Compliance-Überprüfung auch bei Methadon/Polamidon-, Buprenorphin- und voraussichtlich auch bei Morphin/Substitol-Therapie. Die Ergebnisse belegen eine Einnahme oder Nicht-Einnahme und lassen auch Schlüsse auf die Therapietreue zu, insbesondere wenn Informationen wie die verordnete Dosis und die Zeit seit der letzten oralen Einnahme vorliegen. Auch wenn diese Informationen nicht bekannt sind, sind die Ergebnisse aufgrund des Verhältnisses von Gabeform zu Metabolit zur Therapiesteuerung geeignet.