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DOI: 10.1055/s-0035-1557675
Herzratenvariabilitäts (HRV)-gestütztes Biofeedbacktraining reduziert Trinkverlangen (Craving) und Angst bei alkoholabhängigen Patienten
Einleitung: Alkoholverlangen und Angst sind therapieerschwerende Symptome während der rehabilitativen Alkoholentwöhnungstherapie, die mit einer Imbalance des autonomen Nervensystems zugunsten einer erniedrigten parasympathischen und erhöhten sympathischen Aktivität einhergehen. Ziel unserer Studie war, die Wirkung von Herzratenvariabilitäts (HRV) -gestütztem Biofeedbacktraining bei Patienten mit Alkoholabhängigkeit zu untersuchen.
Methoden: In stationärer rehabilitativer Alkoholentwöhnungsbehandlung befindliche Patienten (n = 48; 14 Frauen, 34 Männer) im Alter von 27 bis 59 Jahren (42 ± 8; Mittelwert ± SD) wurden in eine prospektive kontrollierte Studie eingeschlossen. Unter randomisierten Bedingungen erhielten 24 der Patienten 20-minütige HRV-Biofeedbacktrainingseinheiten dreimal wöchentlich über 2 Wochen zusätzlich der rehabilitativen Routinehandlung. Die psychometrische Erfassung von Trinkverlangen (Obssessive Compulsive Drinking Scale, OCDS) und Angst (Subscale 5, Symptom-Checklist 90 – SCL-90) sowie die Messung der autonomen neurovaskulären Funktion (kutane Vasokonstriktionsdauer Δt 50% down, laser-Doppler-flowmetry) wurden vor Beginn des HRV-Biofeedbacktrainings (Baseline), nach Abschluss der letzten HRV-Biofeedbacktrainingseinheit (Follow up 1) sowie 21 und 42 Tage danach (Follow up 2 und 3) durchgeführt. Bei 24 weiteren Patienten (Kontrollgruppe) wurden identische Messungen zu den gleichen Zeitpunkten durchgeführt jedoch fand HRV- Biofeedbacktraining bei diesen nicht statt.
Ergebnisse: Nach Abschluss der letzten HRV-Biofeedbacktrainingseinheit (Folllow up 1) war die kutane Vasokonstriktionsdauer verglichen mit Baseline erhöht (Δt 50% down 4,1 ± 1,9 s vs. 2,8 ± 1,1 s; p < 0,05). Bei Patienten der Kontrollgruppe wurde keine Veränderung der kutanen Vasokonstriktionsdauer beobachtet. Trinkverlangen war nach Durchführung der letzten HRV-Biofeedbacktrainingseinheit (Follow up 1) im Vergleich zu Baseline vermindert (OCDS: 8,6 ± 8,0 vs. 13,8 ± 7,7; p < 0,05). Bei Patienten der Kontrollgruppe blieb das Trinkverlangen zu diesem Zeitpunkt gegenüber Baseline unverändert. Bei Patienten, die HRV-gestütztes Biofeedback erhielten, wurde eine Abnahme von subjektiv empfundener Angst im Verlauf der Untersuchung festgestellt (SCL-90 Angst Score: 3,8 ± 5,1 Follow up 1 und 2,9 ± 3,0 Follow up 2 vs. 5,8 ± 5,8 Baseline; p < 0,05). Bei Patienten der Kontrollgruppe blieb subjektiv empfundene Angst unverändert.
Diskussion: Unsere Studienresultate weisen darauf hin, dass HRV-gestütztes Biofeedbacktraining bei alkoholabhängigen Patienten
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Alkoholverlangen vermindert,
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Angst reduziert und
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zu einer Verbesserung der neurovaskulären Funktion führen kann.
HRV-Biofeedbacktraining kann eine ergänzende therapeutische Maßnahme in der stationären Alkoholentwöhnungstherapie darstellen.