Einleitung: Pathologische Glücksspieler haben sowohl ein erhöhtes Risiko für Suizidalität als
auch für psychiatrische Erkrankungen. Bislang weiß man nichts über den Zusammenhang
von Spielart und Suizidalität, obwohl aus vorangegangenen Studien bekannt ist, dass
bei bestimmten Spielarten mit schneller Spielabfolge erhöhte Raten von Abhängigkeit
bei Pathologischen Glücksspielern gefunden werden. Ziel der vorliegenden Arbeit war
zu untersuchen, ob Spielarten einen eigenständigen und von anderen Einflussfaktoren
unabhängigen Beitrag zu Suizidgedanken und -versuchen bei Pathologischen Glücksspielern
leisten.
Methoden: Basis der Untersuchung sind Daten von 442 Pathologischen Glücksspielern (lifetime)
der Studie „Pathologisches Glücksspielen und Epidemiologie“ (PAGE). Rekrutiert wurden
die Studienteilnehmer über vier verschiedene Zugangswege: Allgemeinbevölkerung, Spielorte,
Medien/Faltblatt und stationäre Rehabilitation für Glücksspieler. Die Auswertung umfasst
deskriptive Daten sowie 3 logistische Regressionsmodelle mit Gruppen von verschiedenen
Einflussfaktoren, die einen Zusammenhang mit Suizidalität zeigen können: Spielarten,
soziodemographische Daten, Schwere der Störung (Pathologisches Glücksspielen) und
komorbide psychiatrische Erkrankung.
Ergebnisse: Insgesamt berichteten 48,6% der Studienteilnehmer von Suizidgedanken/-versuchen.
In dieser Gruppe waren 20,5% weiblich (vs. 11,9% in der Gruppe ohne Suizidalität,
p = 0,019), die durchschnittliche Anzahl von DSM-IV Kriterien betrug 8,7 (SD 1,4)
vs. 7,8 (SD 1,6), 52,6% hatten im Laufe ihres Lebens mehr als 100.000 Euro verloren
(vs. 30,8%, p < 0,001), 86% hatten life-time eine affektive Störung und 49,3% life-time
eine Angststörung (vs. 25,6%, p < 0,001). Im multivariaten Modell mit Einschluss aller
Variablengruppen zeigten sich Automatenspiele (Odds Ratio [OR] 2,53, 95%-Konfidenzintervall
[KI] 1,37 – 4,69, p = 0,003), finanzieller Verlust> 100.000 Euro (OR 1,97, KI 1,13
– 3,42, p = 0,016), komorbide affektive Störung (OR 7,79, KI 4,50 – 13,51, p < 0,001)
und weibliches Geschlecht (OR 2,50, KI 1,20 – 5,22, p = 0,014) als voneinander unabhängige
Risikofaktoren für Suizidalität.
Diskussion: Die stark erhöhten Raten von Suizidalität bei Pathologischen Glücksspielern lassen
sich nicht allein durch erhöhte Raten von psychiatrischer Komorbidität erklären. Ein
unabhängiger Zusammenhang zwischen der Spielform und Suizidgedanken/-versuchen konnte
gefunden werden. Die Daten weisen darauf hin, dass eine weitergehende Regulierung
der Zugänglichkeit sowie spielortnahe Beratungsangebote für Automatenspielangebote
einen Ansatzpunkt zur Suizidprävention darstellen können.