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DOI: 10.1055/s-0035-1557562
Zugrundeliegende Mechanismen bei Internetsexsucht: Implizite Assoziationen bei der Betrachtung pornographischer Bilder sagen gemeinsam mit Craving die Tendenz zu Internetsexsucht voraus
Einleitung: Internetsexsucht wird als eine spezifische Form der Internetsucht betrachtet (Brand et al., 2014) und es werden ähnliche Mechanismen wie bei Substanzabhängigkeiten und Verhaltenssüchten angenommen. Ein Modell zu den Mechanismen der Entstehung und Aufrechterhaltung von Internetsexsucht (Laier et al., 2014) schlägt vor, dass wiederholtes Belohnungserleben bei der Betrachtung pornographischen Materials positive explizite sowie implizite Kognitionen (z.B. positive Nutzungserwartungen) verstärken könnten. Zudem konnte in experimentellen Studien gezeigt werden, dass bei der Antizipation von Belohnungen Craving auftreten kann. Die vorliegende Studie untersucht, ob implizite Assoziationen bei der Präsentation pornographischer Bilder sowie Craving-Reaktionen auf pornographische Bilder mit Symptomen der Internetsexsucht zusammenhängen. Dabei wird mit dem impliziten Assoziationstest (IAT; nach Greenwald, McGhee & Schwartz, 1998) ein Instrument eingesetzt, das bei Personen mit Substanzabhängigkeiten positive Assoziationen mit suchtassoziierten Stimuli aufzeigen konnte.
Methoden: In einer experimentellen Studie haben 128 heterosexuelle Männer einen IAT bearbeitet, der mit pornographischen Bildern modifiziert wurde um implizite Assoziationen zu erfassen. Subjektiv erlebtes Craving wurde anhand des Anstiegs sexueller Erregung durch die Betrachtung pornographischer Bilder gemessen. Auch weitere potentielle Prädiktoren von Internetsexsucht wurden erfasst: Tendenzen zu problematischem Sexualverhalten und Sensitivität gegenüber sexueller Erregung. Die Tendenz zur Internetsexsucht wurde mit einer Kurzversion des Internet Addiction Test – modifiziert für Internetsexsucht – erfasst (s-IATsex; Laier et al., 2013).
Ergebnisse: Implizite Assoziationen zwischen pornographischen Bildern und positiven Begriffen gemessen mit dem IAT korrelieren mit einer höheren Tendenz zur Internetsexsucht (r = 0,216, p < 0,050). Auch hängen implizite Assoziationen mit stärkerem subjektiven Craving (r = 0,228, p < 0,010), Indikatoren von problematischem Sexualverhalten (r = 0,209, p < 0,050) sowie höherer Sensitivität gegenüber sexueller Erregung (r = 0,232, p < 0,010) zusammen. Eine moderierte Regression zeigt, dass Individuen, bei denen hohes subjektives Craving gemeinsam mit stark ausgeprägten impliziten Assoziationen auftritt, besonders hohe s-IATsex Werte haben (Interaktionseffekt: ΔR2 = 0,027, ΔF (3,124) = 4,16, p = 0,044; simple slope Analyse: t = 3,99, p < 0,001).
Diskussion: Craving und implizite Assoziationen als Reaktion auf die Präsentation pornographischer Bilder könnten eine Rolle im Rahmen der Entwicklung und Aufrechterhaltung Pathologischer Internetsexnutzung spielen. Die Befunde stützen die Annahme des Modells (Laier et al., 2014) in der Hinsicht, dass positive Kognitionen über pornographisches Material ein Aspekt des wiederholten Konsums sein könnten. Es kann vermutet werden, dass Belohnungserleben und Belohnungserwartungen dabei involviert sind. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie sind mit Ergebnissen aus der Forschung zu Substanzabhängigkeiten und Verhaltenssüchten vergleichbar, was den Vorschlag Internetsexsucht als Verhaltenssucht zu klassifizieren unterstützt.