Geburtshilfe Frauenheilkd 2015; 75 - P030
DOI: 10.1055/s-0035-1555053

Tuberkulom in der Schwangerschaft

D Muin 1, K Wagner 2, R Burian 2, N Ghaem Maghami 2, I Hösli 2, O Lapaire 2
  • 1Medizinische Universität Wien; Geburtshilfe, Wien, Österreich
  • 2Universitätsspital Basel; Geburtshilfe, Basel, Schweiz

Einleitung/Zielsetzung:

Mit neun Millionen Neuerkrankungsfällen per annum stellt die Tuberkulose weltweit eine ernsthafte Infektionskrankheit dar, welche prävalent in Entwicklungsländern vorkommt. In erster Linie betrifft sie die Atemwege, doch kann sie als Zeichen einer Miliartuberkulose das zentrale Nervensystem betreffen, wie sie in etwa einem Prozent der Fälle als intrakranieller Prozess vorkommt.

Fallbeschreibung:

Eine 19-jährige somalische Erstgebärende mit Flüchtlingsstatus stellte sich in der 28+1. SSW erstmals in der geburtshilflichen Ambulanz mit seit drei Monaten bestehender kompletter Okulomotoriusparese links, Doppelbildern und rechtsseitigen Gesichtslähmung vor. Weiters zeigt sich eine Arm- und proximal betonte Hemiparese rechts, ein rasches Absinken des rechten Armes und Beines in den Halteversuchen sowie vermindertes rechtsseitiges Schmerz-, Temperatur- und Berührungsempfinden. Die übrige Eigen- und Familienanamnese sind unauffällig.

Diagnose:

Ein Schädel-MRT bei Aufnahme zeigte eine solitäre Raumforderung mit Ringecho und perifokalem Ödem im linken Hirnstamm, welche als Gliom, Abszess, parasitäre oder tuberkuloide Läsion differenzialdiagnostiziert wurde. Liquor-Untersuchungen sowie Untersuchungen der Hämatologie, HIV und TORCH waren unauffällig. In einem Thorax-Röntgen zeigte sich ein rechtsseitig vergrößerter Hiluslymphknoten, welcher bioptisch ein Granulom ergab. Im Zuge einer Bronchiallavage und eines Rapid-PCR konnte die Tuberkulose gesichtert werden. Gemäss der WHO-Richtlinien erfolgte die Behandlung in der Schwangerschaft mit Rifampizin, Isoniazid, Pyrazinamid und Ethambutol für zwei Monate, gefolgt Rifampizin und Isoniazid für 10 Monate. Der Hirnstammtumor und die neurologischen Symptome zeigte darunter eine rasche Regression. Die Patientin wurde in der 38. SSW wegen Geburtsstillstandes in der Eröffnungsperiode per sectionem entbunden und brachte einen gesunden Knaben zur Welt (2710 g (<P3), Körperlänge 45 cm, Kopfumfang 33 cm, APGAR 6/10/10. NapH: 7,28. NvpH: 7,35. gute Primäradaptation).

Zusammenfassung:

Eine Hirnstamm-Tuberkulose ist in Europa eine klinische Seltenheit, sollte jedoch bei der Beurteilung von unklaren intrakraniellen Läsionen bei Frauen mit Migrationshintergrund differentialdiagnostisch erwogen werden. Eine Vierfachtherapie mit Rifampizin, Isoniazid, Pyrazinamid und Ethambutol wird bei vorteilhaftem Risikoprofil empfohlen.