Geburtshilfe Frauenheilkd 2015; 75 - P018
DOI: 10.1055/s-0035-1555041

Charakteristika intensivpflichtiger Patientinnen in der Geburtshilfe: Eine retrospektive Langzeitanalyse

A Farr 1, S Einig 1, I Holzer 1, M Franz 2, P Husslein 1, R Lehner 1
  • 1Abteilung für Geburtshilfe und Feto-Maternale Medizin; Medizinische Universität Wien, Allgemeines Krankenhaus, Wien, Österreich
  • 2Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Perinatalzentrum Großhadern; Ludwig-Maximilians-Universität München, München, Deutschland

Einleitung/Zielsetzung:

Aufgrund des zunehmenden Anteils schwerkranker Schwangerer sowie des steigenden Alters bei Schwangerschaft hat die Notwendigkeit einer peripartalen intensivmedizinischen Betreuung zugenommen. In dieser Arbeit werden Charakteristika jener Frauen berichtet, die peripartal an eine Intensivstation (ICU) verlegt werden mussten.

Material & Methoden:

Es erfolgte eine retrospektive, deskriptive Analyse der Daten jener Frauen, die zwischen 2004 – 2014 an der UniversitätsKlinik für Frauenheilkunde, Medizinische Universität Wien, ab Konzeption bis 6 Wochen postpartum an eine ICU verlegt wurden. Ausgeschlossen wurden psychiatrisch-bedingte Verlegungen. Die Erhebung erfolgte durch Patientenakten und Geburtendokumentation mithilfe von ViewPoint® (GE-Healthcare, USA). Ergebnisse werden als N (%) bzw. Mittelwert ± Standardabweichung angegeben. Die Analyse wurde mittels SPSS Statistics V22.0 (IBM, USA) durchgeführt.

Ergebnisse:

Von 25.887 entbundenen Frauen, mussten 238 (0,9%) an eine ICU verlegt werden, wobei ein Anstieg von +375% verzeichnet wurde. Hiervon hatten 71 (29,8%) keine präexistente Grunderkrankung, während 12 (5%) an einem Vitium cordis, 11 (4,6%) an Hypertonie, 10 (4,2%) an Diabetes litten und 49 (20,6%) multimorbid waren. Die Gesamtaufenthaltsdauer betrug 22,4 ± 23,8 Tage, wobei 8,4 ± 17,6 Tage an einer ICU verbracht wurden. Es wurden 81 (34%) Frauen beatmet, 15 (6,3%) reanimiert und 14 (5,9%) hämodialysiert. Insgesamt waren 49 (20,6%) katecholamin- und 10 (4,2%) ECMO-pflichtig. Blutkonserven wurden bei 101 (42,4%) Frauen verbreicht, wobei 60 (25,2%) eine Massentransfusion erhielten. Dreißig (12,6%) Frauen hysterektomiert; 12 (5%) maternale Todesfälle sind zu berichten, welche zur Hälfte durch die Aggravierung einer präexistenten Grunderkrankung bedingt waren. Von allen Frauen erlitten 172 (72,3%) eine (meist iatrogene) Frühgeburt. Die Sectiorate lag bei 82,8% und wurde in 40,3% der Fälle in Intubationsnarkose durchgeführt. Das mittlere neonatale Kindsgewicht lag bei 2140 ± 936 g.

Zusammenfassung:

Frauen mit präexistenten Grunderkrankungen haben ein besonders schlechtes Outcome. Eine vorzunehmende Risikostratifizierung sieht daher die Betreuung des low-Risk-Kollektivs im niedergelassenen Bereich sowie die multidisziplinäre Betreuung des high-Risk-Kollektivs in Perinatalzentren vor. Eine adäquate intensivmedizinische bzw. Intermediate-care Versorgung sollte dabei gewährleistet sein.