physiopraxis 2015; 13(05): 58
DOI: 10.1055/s-0035-1554765
physiospektrum
© Georg Thieme Verlag Stuttgart - New York

Sparschwein auf dem Tresen?

Katharina Schlange
,
Kristina Glösemeyer

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Publication Date:
22 May 2015 (online)

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Katharina Schlange: „Wieso mit übermäßig viel Schokolade beschenken lassen? Dann lieber einen Euro ins Schweinchen.“
Abb.: privat

PRO Vom Verbot, etwas von Patienten anzunehmen, bis hin zur konkreten Ansage des Chefs „Anstatt Schokolade stecken Sie meinen Kollegen lieber etwas in die Kaffeekasse“ – in den vier Unternehmen, in denen ich bisher gearbeitet habe, habe ich bezüglich Sparschwein in der Praxis so einiges erlebt.

Ich bin der Meinung, dass ein einfaches „Danke“ vollkommen ausreicht. Doch vielen Patienten genügt das nicht und sie wollen sich erkenntlich zeigen. Das ist verständlich, aber warum sollen wir Therapeuten uns übermäßig mit Merci, Edlen Tropfen oder Freixenet beschenken lassen? Das ist zwar immer lieb gemeint, aber so viel Schokolade können und wollen wir in der Praxis einfach nicht essen. Und unser aller Sektvorrat ist bis in alle Ewigkeit gut gefüllt. Zum Wegschmeißen sind die Präsente zu schade, sie selbst weiterzuverschenken ist nicht Sinn der Sache. Dann doch lieber ein oder zwei Euro ins Sparschweinchen. Ruckzuck sind zehn Euro zusammen und wir Therapeuten können uns etwas davon gönnen, was uns auch wirklich Freude bereitet. Schließlich ist unser Verdienst nicht so üppig, dass wir uns immer jeden Wunsch erfüllen können. Auch die täglichen Lebensunterhaltskosten sind bei unserem Gehalt nicht immer leicht zu begleichen. Daher ist ein Euro zusätzlich gerne gesehen.

Ich bin der Meinung, dass die Gabe von Trinkgeldern vom Chef toleriert werden sollte – oder unser Verdienst müsste dementsprechend steigen.

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Kristina Glösemeyer: „Ein Sparschwein in der Praxis ist wie Betteln vor den Patienten.“
Abb.: privat

KONTRA Was ist beschämender: der Anblick eines bunten, grinsenden Ferkelchens mit dem Aufdruck „Kaffeekasse“ auf dem Tresen oder die Tatsache, dass Patienten meinen, mit ein paar Münzen den Ferkelbauch ausreichend zu füllen?

Ich bin der Meinung: In einer professionellen und modernen Praxis hat eine Kaffeekasse nichts verloren. Der erste Eindruck unserer Patienten und Kunden zählt. Sieht der Physiotherapeut gepflegt aus? Ist die Praxis sauber? Sind die Mitarbeiter höflich? Dies sind erste und gute Anzeichen, die den Patienten und Kunden vermitteln: „These are professionals!“ Wie und vor allem was käme bei ihnen an, wenn sie beim Vereinbaren des ersten Termins vom besagten Ferkelchen angegrinst würden? Damit suggerieren wir den Patienten doch sofort: „Wir verdienen zu wenig.“ Das ist und kann nicht das Problem unserer Patienten und Kunden sein.

Für einen professionellen Praxiseindruck reichen heutzutage qualifizierte Physiotherapeuten allein nicht mehr aus. Es bedarf eines organisatorischen Gesamtkonzepts, wozu auch ein strukturiertes und klares Raumkonzept gehört. Solche Konzepte finden sich in Hotels und Krankenhäusern, warum nicht auch in Physiotherapiepraxen? Sparschweine, denen mit Tesa die Namen der Mitarbeiter oder „Kaffeekasse“ auf den Bauch geklebt wurde, passen einfach nicht in ein aufgeräumtes Konzept. Ich zumindest kenne kein Krankenhaus, bei dem mir ein Ferkelchen zulächelt, während ich medizinische Hilfe bekomme.

→ Das nächste Thema lautet „Anrufbeantworter: Patienten draufsprechen lassen?“. Ihre Argumente für oder gegen die Möglichkeit, Nachrichten auf Band sprechen zu lassen, senden Sie bis zum 1. Juli 2015 an kathrin.hage@thieme.de. Die beste „Bewerbung“ erhält den Zuschlag und 40 Euro Honorar.