Rofo 2015; 187 - WISS307_4
DOI: 10.1055/s-0035-1551158

Was bedeutet eine anamnestische Jodallergie für die Applikation jodierter Kontrastmittel (JKM) in der radiologischen Routine?

I Böhm 1, R Encinas 1, S Joy 1, I Schepens 1, H von Tengg-Kobligk 1, J Heverhagen 1
  • 1Inselspital Bern, Universitätsinstitut für Diagnostische, Interventionelle und Pädiatrische Radiologie, Bern

Zielsetzung:

Patienten mit individuellen Risiken haben eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, eine Kontrastmittel (KM)-bedingte Überempfindlichkeitsreaktion zu entwickeln. Obwohl das Vorliegen einer "Jodallergie" besorgniserregend wirkt und für das Patientenmanagement wichtig ist, gibt es zu diesem Thema keine systematischen Analysen. Daher ist es Ziel dieser Untersuchung den Stellenwert dieser Angabe zu überprüfen und für zukünftige radiologische Untersuchungen mit einem jodierten KM eine Empfehlung für die sichere Handhabung auszusprechen.

Material und Methodik:

Epidemiologische Befunde erwachsener Patienten mit einer Jodallergie in der Anamnese wurden erhoben. Zusätzlich wurde nach der Definition der Jodallergie gefragt sowie die klinischen Konsequenzen im Rahmen von bildgebenden Untersuchungen analysiert.

Ergebnisse:

Frauen (n = 104) waren im Vergleich zu Männern (n = 77)häufiger mit dem Terminus „Jodallergie“ dokumentiert. In 80,1% war Jodallergie nicht definiert, bei knapp 10% synonym zu einer KM- und bei 6,6% zu einer Desinfektionsmittelallergie gebraucht; bei 3,3% gab es sonstige Erläuterungen. Folgende klinischen Konsequenzen liessen sich ermitteln: bei 44% wurde eine native Untersuchung durchgeführt; bei 6% wurde auf die bildgebende Untersuchung verzichtet; der Wechsel auf eine andere bildgebende Modalität fand sich bei 12,5%; eine Prämedikation erfolgte bei 20,8%; keine Konsequenz fanden wir bei 8,3% der Prozeduren und bei 8,3% liessen sich sonstige Massnahmen eruieren. Unerwünschte Reaktionen (UAWs) traten bei insgesamt 2,8% auf. Der positive prädiktive Wert für UAWs durch JKM lag bei 0,011. Trotz Prämedikationsverzicht gab es bei keinem Patienten eine Überempfindlichkeit auf das JKM.

Schlussfolgerungen:

Der Begriff „Jodallergie“ ist mehrdeutig und sollte durch eine exakte Bezeichnung ersetzt werden. Dies ist keine akademische Spitzfindigkeit, sondern hilft die Reaktion des Patienten besser zu verstehen und adäquate prophylaktische Massnahmen zu ergreifen, um die Applikation JKM sicher zu gestalten.