Sportphysio 2015; 03(02): 93-94
DOI: 10.1055/s-0035-1550638
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Publication Date:
24 April 2015 (online)

3. JAHRESKONGRESS DER DEUTSCHEN KNIEGESELLSCHAFT
Knieexperten in Berlin

Die Deutsche Kniegesellschaft (DKG) ist eine junge wissenschaftliche Gesellschaft, die Forschung, Fort- und Weiterbildung von Ärzten, Therapeuten und Wissenschaftlern bei Verletzungen und Erkrankungen des Kniegelenkes fördert und so Unfallchirurgen, Endoprothetiker, Sporttraumatologen, Sportmediziner und Wissenschaftler vereinen will. Der Jahreskongress 2014 fand vom 20. bis zum 21. November in Berlin statt und widmete sich sowohl dem Thema der Revisionschirurgie als auch dem vorderen Kreuzband und der Knorpelchirurgie. Der Freitag startete mit einer gemeinsamen Sitzung unter dem Titel „Operieren wir zu viel?“. Zu dieser in den Medien derzeit heiß diskutierten Frage meint Professor Philipp Niemeyer aus Freiburg, dass die Studienlage zeigt, dass konservative Therapie bei Meniskusproblemen durchaus sinnvoll ist und nur dann operiert werden sollte, wenn die Indikation sich dafür eindeutig darstellt.

Das kindliche Knie In einer der drei parallel verlaufenden Veranstaltungen mit zehnminütigen Vorträgen diskutierten die Experten z. B. über das kindliche Knie. Dr. Herbort aus Münster stellte die Schwierigkeiten der Diagnostik beim kindlichen Knie dar. Die Übereinstimmung der klinischen Untersuchung mit dem arthroskopischen Befund liegt bei unter 40 %. Eine deutliche Zunahme der Verletzungen des vorderen Kreuzbandes erklärte Dr. Gwinner aus Berlin durch neue Risikosportarten wie z. B. Carving-Ski-Fahren, Parkour oder Trampolinspringen. Die Revisionsrate liegt bei diesen jungen Patienten höher als bei den betroffenen Erwachsenen. Dr. Scheffler sprach beim Thema „Back to Playground“ die oft fehlende Compliance der Kinder an, die man dementsprechend in ihrer Aktivität eher bremsen sollte, um ein Einheilen des Kreuzbandes oder einer Meniskusnaht nicht zu gefährden. „Better safe than sorry“ lautet hier die Devise.

Am Samstag liefen zwei Sitzungen parallel, wobei sich eine Sitzung der Physiotherapie widmete. Hier sprachen die Teilnehmer zuerst über das patellofemorale Schmerzsyndrom (PFPS) – von der Differentialdiagnostik bis zur Therapie. Das PFPS trifft vor allem junge Frauen ohne erkennbare strukturelle Veränderungen des Knies. Deshalb stellt das PFPS eine Ausschlussdiagnose dar. Dr. Beckmann aus Stuttgart beschrieb in seiner evidenzbasierten Ursachenanalyse eine Abschwächung der Kraft der Kniegelenksextensoren und der Hüftabduktoren mit einem daraus resultierenden dynamischen Valgus des Kniegelenks. Operation in Kombination mit Physiotherapie zeigte in einer Studie keinen positiven Effekt verglichen mit Physiotherapie allein. Die Therapieoptionen für PFPS-Patienten, die laut aktueller Studien positive Effekte zeigen, stellte Dr. Schmidt-Sody vor. Dazu gehören patellamedialisierendes Taping, ein Patella-Brace, Schuheinlagen, vor allem aber physiotherapeutische Übungen zur konzentrischen und exzentrischen Kräftigung des Quadrizeps und der Glutäen, Stretching und Rumpfstabilisation. Die Rolle der funktionellen Beinachse, Tests und Übungen stellte Matthias Keller, Physiotherapeut aus München, dar. Im anschließenden Workshop demonstrierten er und ein Kollege aus Freiburg den interessierten Zuhörern die praktische Umsetzung des Tapings und der funktionellen Übungen zur Stabilisation der Beinachse.

Im zweiten Teil der Physiotherapiesitzung drehte sich alles um die vordere Kreuzbandruptur. Mithilfe eindrücklicher Videos von Sportunfällen analysierte Dr. Schmidt-Sody die Ursachen der vorderen Kreuzbandruptur. Welcher Zeitpunkt der richtige ist und welches Sehnentransplantat bei einer Kreuzbandoperation benutzt wird, sollte laut Dr. Zantop aus Straubing immer auch abhängig von den beruflichen und sportlichen Bedürfnissen des Patienten entschieden werden. Dr. Andrea Achtnich aus Berlin erklärte die Einheilung und Ligamentisation von VKB-Transplantaten. Die Umbauprozesse sind auch nach 50 Wochen noch nicht abgeschlossen, und es gibt zeitliche Unterschiede bei der Ligamentisation von Hamstring-Sehnentransplantaten im Vergleich zu Patellarsehnentransplantaten. So beginnt die Remodellierung der Hamstring-Sehne später als die der Patellarsehne. Die Rehabilitation nach VKB-Ersatzplastik sollte sich aber nicht primär an der Zeit der Einheilung des Transplantats orientieren, sondern immer kriterienbasiert erfolgen. Dies präsentierte Wolfgang Schoch an einem Fall aus der Praxis und schlug damit den Bogen zu Christian Zantops Vortrag „Return to Sports nach VKB-Ruptur“. Die Rückkehr zum Sport und welche Kriterien dafür erfüllt sein müssen, ist derzeit bestimmt eine der meistdiskutierten Fragen im Bereich der Sportmedizin. Der Sportwissenschaftler zeigte eine von ihm verwendete Testbatterie, um entscheiden zu können, ob der Sportler die Voraussetzungen, wieder zu seinem Sport zurückzukehren, erfüllt.

Fazit: Der 3. Jahreskongress war inhaltlich sehr interessant und lehrreich. Als Mitglied der DKG bezahlten Physios für den gesamten Kongress 75 €. Dafür bekam man viele interessante Vorträge zu hören und wurde bestens verpflegt. Es lohnt sich, solche interdisziplinären Veranstaltungen zu besuchen.

Wolfgang Schoch

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Zwei Tage Zuhören, Lernen, Austauschen und die Hauptstadt genießen – das alles bot der 3. Jahreskongress der Deutschen Kniegesellschaft in den gut besuchten Kongressräumen des Hotels InterContinental in Berlin. (Foto: W. Schoch)