Aktuelle Ernährungsmedizin 2015; 40 - P2_5
DOI: 10.1055/s-0035-1550202

Ernährungstherapeutische Interventionen zur Verbesserung der Prognose bei Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes- und Jugendalter

J Sausmikat 1, B Blumenschein 1, M Smollich 1
  • 1Mathias Hochschule Rheine, Clinical Nutrition

Einleitung: Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) gehören zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen des Kindes- und Jugendalters. Die ASS-Symptomatik ist teilweise von epigenetischen Faktoren abhängig, und metabolische Veränderungen sowie ernährungsassoziierte Probleme sind häufig. Häufig werden spezielle Ernährungsformen wie z.B. Gluten-/Casein-freie Diäten angewendet. Die Wirksamkeit dieser ernährungstherapeutischen Maßnahmen wurde bislang nicht systematisch evaluiert. Ziel der Untersuchung war es, ernährungsbedingte Faktoren für die Prognose von Autismus-Spektrum-Störungen zu ermitteln, die bekannten Ernährungsinterventionen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zu überprüfen und evidenzbasierte Ernährungsempfehlungen für ASS-Patienten abzuleiten.

Methoden: Unter Anwendung definierter Ein- und Ausschlusskriterien wurde eine systematische Literaturrecherche zu ernährungstherapeutischen Interventionen bei ASS-Patienten in den Datenbanken CINAHL, PubMed und The Cochrane Library durchgeführt. Die Qualität der verfügbaren Studiendaten wurde entsprechend der Studienart gemäß CONSORT-, PRISMA- und STROBE-Statement beurteilt.

Ergebnisse: Insgesamt konnten zwei Metaanalysen und zehn Studien in die Auswertung einbezogen werden (n = 891). Für die Empfehlung von Gluten- und Casein-freien Diäten konnte aus der verfügbaren Studienlage keine ausreichende Evidenz abgeleitet werden. Es existieren zudem keine validen biochemischen Marker, die als Prädiktor für eine zumindest symptomlindernde Wirkung dieser Diätformen genutzt werden könnten. Eine generelle Empfehlung zur Supplementation mehrfach ungesättigter Fettsäuren bei ASS-Patienten kann nicht gegeben werden. In Einzelfällen kann die Substitution mit Multinährstoffpräparaten zur signifikanten Symptomverbesserung beitragen; allerdings gibt es keinen validen prädiktiven Marker, der das Ansprechen für eine bestimmte Subgruppe definieren würde.

Schlussfolgerung: Auf Basis der aktuellen Studienlage lassen sich keine generellen, evidenzbasierten Empfehlungen für ernährungstherapeutische Interventionen zur Besserung ASS-spezifischer Verhaltensmuster ableiten; auch die Wirksamkeit der häufig angewendeten Gluten-/Casein-freien Diäten muss als nicht belegt gelten. Aufgrund der günstigen Nutzen-Risiko-Abwägung kann im Einzelfall die Supplementation mit Multinährstoffpräparaten versucht werden. Zukünftige Studien müssen klären, ob zumindest Patienten-Subgruppen von bestimmten Diätformen profitieren könnten.

Interessenkonflikte: keine