Aktuelle Ernährungsmedizin 2015; 40 - O3_6
DOI: 10.1055/s-0035-1550184

Einfluss der abdominalen Fettverteilung auf die Muskelkraft der oberen und unteren Extremitäten bei adipösen Patienten

L Otten 1, U Elbelt 2, J Ordemann 3, E Rothkegel 4, N Stobäus 4, K Norman 1
  • 1Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum, Forschungsgruppe Geriatrie am EGZB, Germany
  • 2Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Mitte, Medizinische Klinik für Endokrinologie, Diabetes und Ernährungsmedizin, Germany
  • 3Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Mitte, Zentrum für Adipositas und Metabolische Chirurgie, Germany
  • 4Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Mitte, Medizinische Klinik für Gastroenterologie, Infektiologie und Rheumatologie, Germany

Einleitung: Bei adipösen Menschen ist verringerte Muskelmasse und -kraft mit einer Beeinträchtigung der funktionellen und metabolischen Kapazität der Muskulatur assoziiert. Über den Zusammenhang zwischen abdominaler Fettverteilung und Muskelkraft ist jedoch bislang wenig bekannt. Wir untersuchten den Zusammenhang zwischen der abdominalen Fettverteilung und der maximalen Muskelkraft der oberen und unteren Extremitäten bei adipösen Patienten.

Methoden: Ambulante Patienten mit einem BMI ≥30 kg/m2 wurden über die endokrinologische und bariatrisch-chirurgische Sprechstunde der Charité-Universitätsmedizin eingeschlossen. Die isometrische maximale Handkraft wurde mit einem JAMAR-Dynamometer, die Knieextensionskraft mit einem elektronischen DIGIMAX-Dynamometer gemessen. Anthropometrische Parameter wie Größe, Gewicht sowie Taillen- und Hüftumfang wurden erfasst. Mithilfe der bioelektrischen Impedanzanalyse wurde das Verhältnis von fettfreier Masse (FFM) zu Fettmasse (FM) errechnet. In einer risikofaktorenadjustierten Regressionsanalyse wurde der Einfluss von Alter, BMI, FFM-FM-Ratio und Taillenumfang auf die Handkraft sowie Knieextensionskraft untersucht.

Ergebnisse: 155 adipöse Patienten (105 Frauen, 45,1 ± 14,6 Jahre, BMI 43,5 ± 8,2 kg/m2) wurden in die Studie eingeschlossen. Neben dem bekannten Einfluss des Alters zeigte sich im Regressionsmodell ein signifikanter positiver Einfluss der FFM/FM-Ratio auf die Handkraft sowohl bei Frauen (β: 4,275, p < 0,018) als auch bei Männern (β: 17,754, p < 0,008), nicht aber auf die Knieextensionskraft. Bei Frauen war jedoch eine Zunahme des Taillenumfangs (β: 0,375, p < 0,001) mit einer höheren Knieextensionskraft assoziiert. Dieser Effekt zeigte sich nicht bei Männern, wobei hier der kleine Stichprobenumfang zu beachten ist. Taillenumfang war jedoch nicht mit der Handkraft assoziiert. Bei Berücksichtigung der Körperzusammensetzung war außerdem kein Effekt des BMI auf Handkraft und Knieextensionskraft im multiplen Regressionsmodell zu sehen.

Schlussfolgerung: Eine abdominale Fettverteilung könnte einerseits durch die höhere Traglast aber auch durch eine stärkere Förderung von Balancefähigkeit und Stabilität eine höhere Beinkraft bei Frauen bedingen. Bei einer Beurteilung der Muskelkraft von adipösen Patienten sind die unterschiedlichen Assoziationen zwischen abdominaler Fettverteilung und der Kraft der unteren und oberen Extremitäten zu berücksichtigen.