Aktuelle Ernährungsmedizin 2015; 40 - O2_5
DOI: 10.1055/s-0035-1550175

Mangelernährung bei Leberzirrhose: ernährungstherapeutische Intervention zur Verbesserung des Ernährungsstatus vor Lebertransplantation

S Marienfeld 1, J Vermehren 2, M Welker 2, J Bojunga 1
  • 1Universitätsklinikum Frankfurt, Medizinische Klinik, Ambulanz für enterale und parenterale Ernährung
  • 2Universitätsklinikum Frankfurt, Medizinische Klinik, Hepatologische Ambulanz

Einleitung: Die Lebertransplantation (LTX) ist die einzig kurative Behandlung der fortgeschrittenen Leberzirrhose. Mangelernährung ist eine schwerwiegende Komplikation der Leberzirrhose und ein unabhängiger prognostischer Faktor für die Mortalität. Die in der S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) empfohlene Energie- und Proteinzufuhr (30 – 35 kcal/kg Körpergewicht (KG)/Tag (d) und 1,2 – 1,5 g/kg KG/d) wird von vielen Patienten nicht erreicht. Ziel der Studie ist es, durch kontinuierliche und individuelle Ernährungsberatung die Energie- und Proteinzufuhr zu erhöhen, um eine Verbesserung des Ernährungsstatus und der Lebensqualität zu erreichen.

Methoden: Es handelt sich um eine offene, kontrollierte und randomisierte prospektive Interventionsstudie. Eingeschlossen werden Patienten, die zur LTX gelistet sind. Zu Studienbeginn werden der Ernährungsstatus, die aktuelle Energie- und Proteinzufuhr (24-Stunden-Erinnerungsprotokoll) und die Lebensqualität (Chronic liver disaese questionnaire, CLDQ-D) erhoben sowie das Energie- und Proteinziel gemäß der DGEM-Leitlinie festgelegt. Anschließend erhalten die Patienten eine individuelle Ernährungsberatung. Im Interventionszeitraum von sechs Monaten erhält die Interventionsgruppe alle vier Wochen weitere Ernährungsberatung, die Kontrollgruppe jedoch nicht mehr.

Ergebnisse: Bislang nehmen 38 Patienten (25 Männer) im Alter von 53,0 ± 9,5 Jahre (46,0 – 59,3; Mittelwert ± Standardabweichung, 1.-3. Quartil) teil. Im Subjectiv global assessment (SGA) werden 10 Patienten mit SGA-A (gut ernährt), 18 mit SGA-B (Verdacht auf Mangelernährung) und 10 mit SGA-C (schwer mangelernährt) bewertet. Krankheitsschwere, Ernährungsstatus sowie Energie- und Proteinzufuhr sind in Tabelle 1 dargestellt. Es gibt keine signifikanten Unterschiede zwischen der Interventions- und Kontrollgruppe. Insgesamt liegt die Energiezufuhr bei 21,4 ± 10,1 kcal (14,0 – 29,5) und die Proteinzufuhr bei 0,8 ± 0,5 g (0,5 – 1,1). Patienten mit SGA-B und SGA-C haben einen signifikant niedrigeren Punktwert im CLDQ-D als Patienten mit SGA-A, was eine niedrigere Lebensqualität bedeutet.

Schlussfolgerung: Bei Studienbeginn werden die von der DGEM empfohlene Energie- und Proteinzufuhr nicht erreicht. Die Autoren haben keine Interessenskonflikte.

Tab. 1: Krankheitsschwere, Ernährungsstatus sowie Energie- und Proteinzufuhr bei Studieneinschluss

Intervention

n = 19

Kontrolle

n = 19

Child-Pugh-Score A/B/C (Anzahl)

9/8/2

5/9/5

SGA A/B/C (Anzahl)

6/9/4

4/9/6

BMI [kg/m2]

26,2 ± 4,6 (22,8 – 29,9)

26,2 ± 4,4 (24,5 – 30,4)

Handkraftstärke [kg]

35,3 ± 11,6 (24,0 – 45,0)

30,9 ± 12,0 (23,0 – 41,0)

Oberarmumfang [cm]

28,9 ± 5,8 (24,0 – 33,0)

29,2 ± 5,7 (25,0 – 33,0)

Trizepshautfaltendicke [mm]

15,6 ± 8,8 (9,0 – 21,7)

15,7 ± 7,8 (8,7 – 21,0)

mittlerer Armmuskelumfang [cm]

24,0 ± 3,9 (21,2 – 27,1)

24,3 ± 3,9 (21,5 – 26,6)

Phasenwinkel [°]

5,1 ± 1,2 (4,4 – 6,2)

4,7 ± 1,0 (4,1 – 5,4)

Energiezufuhr [kcal/d]

1747 ± 823 (1210 – 2162)

1667 ± 768 (1004 – 2325)

Energiezufuhr [kcal/kg KG/d]

21,4 ± 10,8 (14,0 – 29,0)

21,4 ± 9,6 (13,8 – 30,0)

Proteinzufuhr [g/d]

65,5 ± 34,0 (37,6 – 86,5)

61,5 ± 32,2 (40,7 – 82,4)

Proteinzufuhr [g/kg KG/d]

0,8 ± 0,6 (0,3 – 1,2)

0,8 ± 0,5 (0,5 – 1,1)

Statistik: arithmetisches Mittel ± Standardabweichung (1.-3. Quartil); es bestehen keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen

Abkürzungen: SGA: subjectiv global assessment, BMI: body mass index, KG: Körpergewicht, d: Tag