Diabetologie und Stoffwechsel 2015; 10 - P277
DOI: 10.1055/s-0035-1549783

Frankfurter Modifikation des Edmonton Obesity Staging Systems (FEOSS) zur systematischen Erfassung von Komorbiditäten und zur Priorisierung von Behandlungsstrategien in einem interdisziplinären Adipositaszentrum

I Skudelny 1, E Fischer 1, K Krieger 1, E Weitz 1, P Staikov 2, K Rett 1
  • 1Krankenhaus Sachsenhausen, Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie, Frankfurt am Main, Germany
  • 2Deutsches Adipositaszentrum, Frankfurt am Main, Germany

Der body mass index (BMI) ist ein weitverbreiteter, aber als Prädiktor für Morbidität und Mortalität von übergewichtigen und fettleibigen Patienten ungeeigneter Surrogatparameter. Ordinale Klassifikationssysteme wie das Edmonton obesity staging system, erfassen dagegen Krankheitslast von Komorbiditäten, Endorganschäden und funktionellen Einschränkungen und können das Mortalitätsrisiko vorhersagen1.

Wir haben in unserem interdisziplinären Adipositaszentrum ein modifiziertes EOSS System eingeführt und die Komorbiditätsebene um Prädiabetes, latente Hypothyreose und Vitamin-D-Mangel sowie die Endorganschäden um die diabetische Neuropathie und schwere Gelenkveränderungen ergänzt.

Bisher wurden 93 Patienten (59w, 34 m; mittleres Alter 48 Jahre (Bereich 17 – 76), mittlerer BMI 44,9 kg/m2 (28 – 88) klassifiziert. Die Typ-2-Diabetes-Prävalenz lag bei 56%. Von 25 oralen Glukosetoleranztests waren 12 (48%) pathologisch (5 diabetisch; 7 prädiabetisch). Die häufigsten Komorbiditäten waren Vitamin D-Mangel (87%), Hypertonie (80%) und latente Hypothyreose (48%). Die meisten Hypertoniker waren medikamentös zielgerecht therapiert, dagegen waren Vitamin D-Mangel und latente Hypothyreose in der Regel nicht bekannt bzw. nicht zielgerecht behandelt. 3 Patienten wurden als FEOSS Stufe 1 klassifiziert („gesunde Dicke“). 63 (68%) erfüllten die Kriterien für FEOSS Stufe 2 und damit prinzipiell die Indikation für einen bariatrischen Eingriff. 21 (23%) wurden als Stufe 3 (Endorganschaden) und 7 (8%) als Stadium 4 (schwere Einschränkungen im Alltagsleben und Behinderungen) klassifiziert.

Das Edmonton Obesity Staging System (EOSS) beruht auf den Kriterien Krankheitslast und Behandlungsbedürftigkeit. Die Frankfurter Modifikation erweitert die Komorbiditäten und Endorganschäden. Der systematische Einsatz eines derartigen Klassifikationssystems kann dazu beitragen, unerkannte und unbehandelte Begleiterkrankungen zu erkennen, Übergewichts- und Adipositas-Behandlungsstrategien zu priorisieren und gesunde Dicke vor unnötigen Eingriffen zu bewahren.

Referenz: 1. Padwal RS et al. CMAJ 2011;183:1059 – 66