Gesundheitswesen 2017; 79(01): 10-18
DOI: 10.1055/s-0035-1548778
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Konsum psychotroper Substanzen und Ausbildungszufriedenheit

Use of Psychotropic Substances and Satisfaction with Vocational Education
Matthis Morgenstern
1   Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung, IFT-Nord, gemeinnützige GmbH, Kiel
,
Jasmin Montag
1   Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung, IFT-Nord, gemeinnützige GmbH, Kiel
,
Reiner Hanewinkel
1   Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung, IFT-Nord, gemeinnützige GmbH, Kiel
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
28 April 2015 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund: Ziel der Studie war es zu untersuchen, ob der Konsum psychotroper Substanzen in einem unabhängigen Zusammenhang zur Ausbildungszufriedenheit steht.

Methode: Querschnittbefragung von 5 688 Auszubildenden im ersten Lehrjahr aus 49 beruflichen Schulen, mittleres Alter 19,4 Jahre (SD=3,9 Jahre). Die Erhebung wurde mittels Papierfragebogen durch geschulte Datenerheber/innen von September bis Dezember 2012 in 7 Bundesländern durchgeführt. Die Auswertung erfolgte über lineare Mehrebenen-Regressionsanalysen. Als Prädiktoren wurden neben dem Konsum von Tabak, Alkohol, Cannabis und Medikamenten verschiedene Merkmale der Auszubildenden (Geschlecht, Alter, Migrationshintergrund, Schulbildung, Finanzstatus, chronische Erkrankungen, psychische Belastung, körperliche Aktivität, Medienkonsum, Persönlichkeitsmerkmale) sowie Merkmale der Ausbildung (Betriebsgröße, Zahl der Auszubildenden, wahrgenommene Ausbildungsbetreuung, Höhe der Vergütung, Berufsfeld, Arbeitsbedingungen, Unter- und Überforderung, Wohnsituation, Erstausbildung, Wunschberuf) herangezogen. Zentrales Kriterium war die Zufriedenheit mit der Ausbildung.

Ergebnisse: Die Ausbildungszufriedenheit war am deutlichsten mit der wahrgenommenen Güte der Betreuung, der Bewertung der Ausbildung als Wunschberuf und dem Arbeitsklima assoziiert. Von den Personenmerkmalen der Auszubildenden blieb im multivariaten Modell, also unter Berücksichtigung aller erfassten Einflussfaktoren, allein der problematische Alkoholkonsum signifikant. Täglicher Tabakkonsum sowie auffälliger Cannabis- und Medikamentenkonsum standen im adjustierten Modell nicht in Zusammenhang zur Zufriedenheit mit der Ausbildung.

Schlussfolgerung: Die vorliegenden Daten sprechen dafür, dass problematischer Alkoholkonsum ein unabhängiger Risikofaktor für ausbildungsspezifische Probleme sein könnte.

Abstract

Objective: The aim of this study was to investigate if there is an independent association between substance use and satisfaction in vocational education.

Methods: A cross-sectional study of 5 688 first-year apprentices from 49 vocational schools, mean age 19.4 years (SD=3.9 years) was undertaken. Data were analysed using multilevel linear regression analysis. Predictors were use of tobacco, alcohol, cannabis and pharmaceuticals as well as personal characteristics (sex, age, migration background, educational level, financial status, chronic diseases, psychological distress, physical activity, media use, personality) and vocational/firm characteristics (firm size, number of apprentices, perceived quality of mentoring, amount of pay, vocational field, working conditions, over- and underload, housing situation, number of previous apprenticeships, first choice). Vocational satisfaction was used as primary outcome.

Results: Satisfaction was most strongly associated with perceived quality of mentoring, judgement that the chosen education was first choice and working climate in the training company. In addition, only problematic alcohol use remained significant in the multivariate analysis. There was no association in the adjusted model between vocational satisfaction and daily tobacco use or problematic use of cannabis and pharmaceuticals.

Conclusions: Results suggest that problematic alcohol use could be an independent risk factor for problems in vocational education.

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