Geburtshilfe Frauenheilkd 2015; 75 - V21
DOI: 10.1055/s-0035-1548696

Multidisziplinäre Herausforderung beim Management einer Patientin mit Plazenta prävia percreta und HELLP Syndrom in der 27. SSW

N Ghaemmaghami 1, A Klüssendorf 1, M Takes 2, T Girard 3, E Bruder 4, O Lapaire 1, I Hösli 1
  • 1Universitätsspital Basel, Frauenklinik, Geburtshilfe und Schwangerschaftsmedizin, Basel, Schweiz
  • 2Universitätsspital Basel, Interventionelle Radiologie, Basel, Schweiz
  • 3Universitätsspital Basel, Anästhesie, Basel, Schweiz
  • 4Universitätsspital Basel, Pathologie, Basel, Schweiz

Einleitung:

Sowohl das Auftreten eines HELLP Syndroms als auch das Vorliegen einer Placentationsstörung stellen für den Geburtshelfer eine Herausforderung dar. Das gleichzeitige Zusammentreffen dieser Erkrankungen zu einem frühen Zeitpunkt in der Schwangerschaft erhöhen signifikant die maternale und fetale Morbidität und Mortalität und erfordern auf Grund der Dynamik eine rasche flexible multidisziplinäre Zusammenarbeit. Wir berichten von einer Patientin, die uns auf Grund pathologischen Nabelschnurdopplers bei bekannter IUWR und Placenta Prävia zugewiesen wurde. Im Verlauf zeigte sich der dringende Verdacht auf eine Plazentationsstörung.

Kasuistik:

35-jährige GI/P 0 in der 26+2 SSW mit pathologischem Doppler der A. umbilicalis bei bekannter Wachstumsretardierung ohne Zeichen einer Präeklampsie. Zusätzlich bekannte Plazenta prävia totalis. In der Vorgeschichte hatte die Patientin bei unerfülltem Kinderwunsch eine ausgedehnte Myomektomie (mind. 20 Myome, max. 6 cm) mittels Pfannenstiel mit Cavumeröffnung und danach eine Rekonstruktion des unteren Uterinsegmentes unter Zervixschienung bei Zervikalkanalstenose und Hämatometra. Sonographisch zeigten sich Zeichen einer Plazentaimplantationsstörung im Sinne einer Placenta prävia percreta von der Vorderwand ausgehend, die auch im MRI bestätigt wurden. Durchführung der Lungenreifeinduktion, fetales Monitoring mittels Oxford-CTG und sofortige Vorstellung der Patientin interdisziplinär und Planung der Operation mit der Anästhesie, interventioneller Radiologie, Urologie, Op- Team und Neonatologie. 72 Stunden nach der Aufnahme unvorhergesehene Entwicklung eines fulminanten HELLP-Syndroms mit Hypertonie bis 180/100 mmHg, Oberbauchschmerzen mit Ansteigen der Leberwerte auf das dreifache der Norm und Thrombozytopenie von 125 G/l. Unter Magnesium iv 1 g/h und antihypertensiver Therapie mit Trandate wurde die Patientin intubiert. Präoperativ erfolgt die Ureterenschienung bds. sowie das Legen der Femoraliszugänge beidseits und Einlegen eines aortalen Ballons. Anschließend erfolgte die untere mediane Längslaparotomie. Eine Blutung aus percreten Plazentargefäßen trat bereits bei der Uteruselevation auf. Via fundale Uterotomie wurde ein prämaturer Junge aus BEL Gewicht: 640 g (8. Percentile), APGAR 2/3/5, NvpH: 7,29 entwickelt und die Placenta in situ belassen. Es erfolgte die aortale Ballonblockade 3 × 10 min bei diffuser Blutung. Aufgrund der ausgedehnten Plazentaimplantationsstörung war eine organerhaltende Operation nicht möglich und deshalb eine Hysterektomie mit Massentransfusion von 6 ECs, 8 FFPs, 3 g Cyclokapron,10 g Fibrinogen, 2 Thrombozyten-Konzentraten, 600 IE Prothromblex und 1500 ml Cellsaverblut bei einem BV von 7000 ml notwendig. Der postoperative Verlauf gestaltete sich unauffällig, die Thrombozyten hatten am 2. Tag postoperativ einen Nadir von 48 G/l. Die Leberparameter normalisierten sich innerhalb von 4 Tagen, die Blutdruckwerte waren unter Trandate- Therapie stabil und die Patientin konnte am 7. postoperativen Tag entlassen werden. Histologisch bestätigte sich eine Plazenta Prävia percreta. Der stationäre Verlauf des prämaturen Jungen war entsprechend seinem Gestationsalter bisher komplikationslos.

Abb. 1

Abb. 2

Abb. 3

Schlussfolgerung:

Der komplexe Fall zeigt, wie wichtig die interdisziplinäre Planung und Vorbereitung für das erfolgreiche Management ist. Die rechtzeitige Hospitalisation und Planung des Eingriffes auch im Falle eines Notfalls senken die maternale und fetale Morbidität und Mortalität. In diesem Fall stellte das Auftreten des HELLP Syndroms mit zusätzlicher Gerinnungsstörung ein großes Problem dar, was ein akribisches Gerinnungsmanagement und enorme Ressourcen notwendig machte.