Geburtshilfe Frauenheilkd 2015; 75 - V13
DOI: 10.1055/s-0035-1548688

Untersuchungen zur Schwangerschaftsprolongation bei HELLP-Syndrom und drohender extremer fetaler Unreife

V Thäle 1, J Pacholke 1, R Haase 1, 2, M Tchirikov 1, 2
  • 1Universitätsklinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Halle (Saale), Deutschland
  • 2Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder – und Jugendmedizin, Neonatologie, Halle (Saale), Deutschland

Fragestellung:

Ziel der vorliegenden Studie war es, das neonatale und maternale Outcome zwischen Prolongation unter Methylprednisolontherapie und sofortiger Entbindung bei HELLP-Syndrom und drohender fetaler extremer Unreife zu vergleichen.

Methode:

In dieser retrospektiven Fall-Kontroll-Studie am Universitätsklinikum Halle wurde 110 Fälle, bei denen zwischen 1990 – 2011 ein HELLP-Syndrom diagnostiziert wurde, untersucht. Die Diagnosekriterien, sowie die Ein-und Ausschlusskriterien zur Prolongation richteten sich nach der aktuellen Leitlinie der DGGG. Alle Patientinnen der Studiengruppe (n = 65) erhielten 64 mg Urbason® in absteigender Dosierung. Als Kontrollgruppe dienten 45 Patientinnen (1990 – 2001), welche zu keinem Zeitpunkt Urbason® bekamen und überwiegend innerhalb von 24h nach Diagnosestellung entbunden wurden.

Ergebnisse:

Die mediane Prolongationsdauer in der Studiengruppe (n = 65) betrug 4 Tage (Range:1 – 55 d), Bis zur Normalisierung der Thrombozyten vergingen in der Studiengruppe 4,7 vs. 6,3 d (*p = 0,002), dabei stiegen sie innerhalb der ersten drei Tage um 38.500 vs. 18.5000/µl (*p = 0,023). ASAT normalisierte sich in 5,9 vs. 6,8 d (p = 0,122) und sank innerhalb der ersten drei Tage um 3,3 vs. 1,8nmol/lxs (p = 0,157). HELLP-typische maternale Komplikationen traten allgemein in der Studiengruppe seltener auf. 52,3% der Patientinnen zeigten einen peripartalen Verlauf ohne Komplikationen (vs. 13% *p = 0,0001). 70% der Kontrollgruppe litten im Verlauf an 2 bzw. ≥3 Komplikationen gleichzeitig (vs. 30,7% der Studiengruppe). Es wurden signifikant weniger schwere Anämien mit Transfusionsbedürftigkeit verzeichnet (29% vs. 64% *p = 0,0001). Die Neugeborenen der Studiengruppe zeigten etwa fünfmal seltener eine Azidose und hatten kürzere Beatmungszeiten bzw. ITS-Aufenthalte. Somit konnte bestätigt werden, dass nicht die Schwere der HELLP-Symptomatik das neonatale Outcome bestimmt, sondern der Grad der Frühgeburtlichkeit Prädiktor für mögliche kindliche Komplikationen ist.

Schlussfolgerung:

Die Studie beweist, dass bei stabiler maternaler und fetaler Situation eine Schwangerschaftsprolongation mit Methylprednisolon möglich ist. Die Datenlage deutet ebenso an, dass unter Urbasontherapie seltener Komplikationen eintreten und es zu einer schnelleren Normalisierung der pathologischen Laborkonstellation kommt. Auch das fetale Outcome scheint zum einen durch den stabilisierten maternalen Zustand und zum anderen durch eine mögliche zusätzliche intrauterine Reifezeit durch die Prolongation zu profitieren.