Zeitschrift für Orthomolekulare Medizin 2015; 4(04): 28-29
DOI: 10.1055/s-0035-1547587
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Vitamin D und die Regulation der Hepcidin-Ferroportin-Achse

Uwe Gröber
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Publication Date:
27 January 2016 (online)

Aktuelle Studien belegen, dass Vitamin D die Aufnahme und Utilisation von Eisen beeinflusst. Die Resorption von Eisen erfolgt als zweiwertiges Eisen im Duodenum und im oberen Jejunum. Dabei wird Fe3+ nach Reduktion durch eine Membranreduktase (duodenales Cyto­chrom b) zu Fe2+ über den divalenten Metalltransporter 1 (DMT1) durch die apikale Enterozytenmembran transportiert ([Abb. 1]). In der Darmzelle wird das Fe2+ entweder in Form von intrazellulärem Ferritin gespeichert oder zur basolateralen Zellmembran transportiert. An der basolateralen Enterozytenmembran wird das nicht in Ferritin eingelagerte Eisen in Form von Fe2+ an den Eisenexporter Ferroportin gebunden. Ferroportin als zellulärer Eisenexporter ist auch in der Membran von Monozyten und Hepatozyten lokalisiert und wird durch die Interaktion mit Hepcidin reguliert.

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Abb. 1 Eisenresorption: Funktion von Hepcidin und Ferroportin.

Hepcidin ist ein Akutphasenprotein mit antimikrobieller Aktivität und einer Schlüsselfunktion bei der Regulation der Resorption, Gewebeverteilung und ex­trazellulären Konzentration von Eisen. Bei hohem Körpereisen, Infektionen oder Entzündungen (z. B. IL-6) wird das Hepcidingen HAMP beispielsweise hochreguliert. Dadurch steigt auch das im Blut zirkulierende Hepcidin. Letzteres bindet an Ferroportin, wodurch dessen Internalisierung und ubiquitinmediierte Degradation induziert wird. Dadurch kann das Eisen nicht aus dem Darm resorbiert und zusätzlich nicht aus den Monozyten oder Hepatozyten in die Zirkulation freigegeben werden, wodurch das Serumeisen sinkt.

Bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz findet man häufig er­höh­te Hepcidin- und gleichzeitig erniedrigte 25-Hydroxyvitamin-D-Blutspie­gel in Verbindung mit einer Anämie. Aktuelle Studien zum Einfluss von Vitamin D auf die Homöostase der Hepcidin-Ferroportin-Achse zeigen, dass ein Vitamin-D- Mangel durch eine gesteigerte Synthese von Hepcidin in Hepatozyten und Monozyten die intrazellulären und systemischen Hepcidinspiegel erhöhen und gleichzeitig die zelluläre Expression von Ferroportin senken. Daraus resultiert eine Suppression des Eisenexports mit intrazellulärer Eisenakkumulation, erhöh­ten intrazellulären Ferritinwerten und Abfall der systemischen Eisenspiegel. Demgegenüber senkt ein guter Vitamin-D-Status die Transkription des Hep­cidingens und reduziert die intrazellulären und systemischen Konzen­tra­tio­nen von Hepcidin. Dadurch wird die Expression von Ferroportin erhöht und damit der Eisenexport und die systemischen Verfügbarkeit des Eisens verbessert ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Vitamin D: Regulation der Eisen-Hepcidin-Ferroportin-Achse (Modell).

Der Einfluss von Vitamin D auf die ­Eisen-Hepcidin-Ferroportin-Achse wird durch die Ergebnisse einer Pilotstudie an gesunden Freiwilligen bestätigt. Bei diesen führte eine einmalige orale Gabe von 100 000 I. E. Vitamin D2 zu einem ­signifikanten Anstieg des 25(OH)D-Spie­gels von 27 ng/ml auf 44 ng/ml (p < 0,001). Die Verbesserung des 25(OH)D-Status war gleichzeitig mit einem 34%-igen Abfall der Hepcidinspiegel innerhalb von 24 Stunden assoziiert (p < 0,05). Eisenmangel und Vitamin-­D-Mangel gehen häufig Hand in Hand bei Schwangeren. In einer prospektiven Studie an 158 Schwangeren (Alter: ≤ 18 Jahre) wurde der maternale Vitamin-D- und Eisenstatus in der Schwangerschaftsmitte und bei Geburt untersucht. Dabei war der maternale 25(OH)D-Spiegel positiv mit dem Hämoglobinspiegel assoziiert (p < 0,01). Das Risiko für eine Anämie war bei den jungen Frauen mit einem 25(OH)D-Spiegel < 20 ng/ml gegenüber denjenigen mit einem Status ≥ 20 ng/ml 8-mal größer (p < 0,001). Der maternale 25(OH)D-Status war zusätzlich bei Schwan­gerschaftsmitte und bei Geburt invers mit dem Erythropoetin- Spiegel (p < 0,05) assoziiert.

Kommentar

Die Ergebnisse dieser Studien unterstreichen die Bedeutung des Vitamin-D- Status für den Eisenhaushalt und insbesondere für den Eisenstoffwechsel in der Schwangerschaft. Grundsätzlich sollte bei allen Frauen, die schwanger werden wollen und Schwangeren nicht nur die Folsäureversorgung im Fokus stehen, sondern generell auch der Vitamin-D- Status labormedizinisch kontrolliert und entsprechend kompensiert werden. Eisen- und Vitamin-D-Mangel scheinen in der Schwangerschaft nicht nur das ­Risiko für Schwangerschaftskomplika­tionen (z. B. Präeklampsie) zu erhöhen, sondern sind nach aktuellen Studien bei Kindern auch mit einem signifikant erhöhten Risiko an ADHS zu erkranken­ ­assoziiert (OR: 3,27, 95 % CI: 1,60–5,90, p < 0,01).

 
  • Literatur

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