Krankenhaushygiene up2date 2015; 10(01): 1-2
DOI: 10.1055/s-0035-1547061
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Im zehnten Jahr

Roland Schulze-Röbbecke
,
Heinz-Michael Just
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Publication History

Publication Date:
24 April 2015 (online)

Die Zeitschrift Krankenhaushygiene up2date hat ihr zehntes Erscheinungsjahr erreicht. Bei ihrer Gründung im Jahre 2006 stießen die Initiatoren auf Skepsis, ob in einem solch kleinen Fachgebiet wie der Krankenhaushygiene eine weitere deutschsprachige Zeitschrift Zukunft haben würde. Die hohe Akzeptanz von Krankenhaushygiene up2date mit nach wie vor steigender Auflage zeigt jedoch, wie unbegründet diese Skepsis war. Wie erklärt sich dieser Erfolg?

Zum einen beruht er sicherlich auf dem weiterhin aktuellen Thema der nosokomialen Infektionen und auf der seit 2001 im Infektionsschutzgesetz (IfSG) verankerten Verpflichtung von Einrichtungen der Patientenversorgung, die Prävention dieser Infektionen aktiv voranzutreiben. Diese Anforderungen wurden im Jahre 2011 mit einer Novelle des IfSG und den darauf basierenden Landesverordnungen nochmals verschärft. Unter anderem resultierte daraus die Verpflichtung zur Einstellung von entsprechend spezialisierten Mitarbeitern.

Zum anderen beruht der Erfolg von Krankenhaushygiene up2date nach den uns erreichten Rückmeldungen vor allem auf dem Konzept der Zeitschrift, wie wir es 2006 im Editorial der ersten Ausgabe ausführlich dargelegt haben:

  • Wir sahen die Notwendigkeit, die Ziele der Krankenhaushygiene klar zu formulieren und wissenschaftliche Erkenntnisse nachvollziehbar von nicht selten als irrational empfundenen Aspekten von Sauberkeit, Keimfreiheit, Ordnung und Ästhetik zu trennen. Maßstab für unsere Definition „Krankenhaushygiene ist die Prävention von nosokomialen Infektionen und Antibiotikaresistenzen“ waren die in § 23 IfSG festgeschriebenen Anforderungen.

  • Als wichtig erschien uns, in der Zeitschrift nicht nur die Prävention des gesamten Spektrums nosokomialer Infektionen (einschließlich endogener Infektionen und Infektionen bei Mitarbeitern) zu behandeln, sondern auch die Prävention der Verbreitung von Infektionserregern mit therapiegefährdenden Antibiotikaresistenzen. Durch Einbeziehung des rationalen Einsatzes von Antiinfektiva in das Programm von Krankenhaushygiene up2date entstand die für uns unerlässliche Verbindung zur klinischen Infektiologie.

  • Wichtig war uns weiterhin, dass die Übersichtsarbeiten, das Kernstück der Zeitschrift, eine leicht verständliche, wissenschaftlich fundierte, industrieunabhängige und praxisorientierte Fortbildung auf aktuellem Kenntnisstand ermöglichen.

  • Da die Ressourcen für Präventionsmaßnahmen begrenzt sind, war es unser Ziel, nicht nur auf sinnvolle Maßnahmen mit hoher Priorität hinzuweisen sondern auch auf ungelöste Fragen und solche Maßnahmen, deren präventiver Nutzen nicht belegt ist.

  • Die Zeitschrift sollte sich nicht des immer wieder gezeigten „erhobenen Zeigefingers“ mit Schuldzuweisungen und Verweisen auf das Haftungsrecht bedienen. Stattdessen sollte sie die wissenschaftliche Nachvollziehbarkeit von Präventionsmaßnahmen und den fachlichen Diskurs zwischen den Krankenhaushygiene-Spezialisten und klinischen Mitarbeitern fördern.

Auch aus zehnjähriger Distanz sind wir überzeugt, dass diese Zielsetzung richtig war und wir wollen diese Bemühungen fortsetzen, weil in noch zu vielen Diskussionen über Entstehung und Prävention nosokomialer Infektionen grundlegende infektiologische Zusammenhänge missachtet oder gar negiert werden.

Im Rückblick wird deutlich, dass die Krankenhaushygiene nach wie vor einem ständigen Wandel unterliegt, denn laufend werden neue Probleme erkannt und neue Erkenntnisse gewonnen. In die letzten zehn Jahre fallen z. B.

  • eine Beschleunigung der Entstehung und Verbreitung multiresistenter bakterieller Erreger, besonders im gramnegativen Bereich, mit unterschiedlichen, für Therapie und Prävention relevanten Resistenzmechanismen,

  • zunehmendes Hinterfragen der Bedeutung von Screening- und Isolierungsmaßnahmen zur Vermeidung der MRSA-Übertragung im Krankenhaus,

  • die Erkenntnis, dass aufwändige raumlufttechnische Anlagen mit turbulenzarmer Verdrängungsströmung keinen Beitrag zur Prävention postoperativer Wundinfektionen leisten, möglicherweise diese sogar begünstigen können,

  • deutliche Hinweise auf die Effektivität antiseptischer Waschungen zur Reduktion Gefäßkatheter-assoziierter Sepsen in der Intensivmedizin,

  • zunehmende Hinweise auf die Effektivität der Mundhöhlen-Antisepsis zur Prävention beatmungsassoziierter Pneumonien,

  • ein wachsender Fundus von Erkenntnissen über die zentrale Bedeutung der Händehygiene zur Prävention der Übertragung nosokomialer Infektionen,

  • die Erkenntnis, dass das individuelle Verhalten jedes Mitarbeiters am Patienten („Compliance“) von entscheidender Bedeutung ist und nicht in erster Linie Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen in dessen Umgebung,

  • die Erkenntnis, dass Maßnahmenbündel, zusammengestellt unter Beachtung der patienten- und einrichtungsspezifischen Risiken künftig die Bausteine eines effektiven und ökonomischen Hygienemanagements sein werden.

Über diese und zahlreiche weitere Themen hat Krankenhaushygiene up2date in aktuellen Übersichtsartikeln berichtet und es ist nicht damit zu rechnen, dass neue Themen in Zukunft versiegen werden. Zudem ist die Prävention nosokomialer Infektionen und der Verbreitung von Multiresistenzen weiter in den Fokus der Gesundheitspolitik und der Medien gerückt und auch diese Tendenz wird sicher nicht nachlassen. Die Entwicklungen der letzten Jahre unterstützen unser Konzept, dass Krankenhaushygiene kein starres Regelwerk ist sondern ein Spezialgebiet, welches sich wie alle anderen medizinischen Fachdisziplinen aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse ständig weiter entwickelt. Die Umsetzung dieser neuen Erkenntnisse ist juristisch und ethisch geboten und wir wollen unsere Leser auch weiterhin an diesen Entwicklungen teilhaben lassen.

Für das bisher unserem Konzept entgegengebrachte Interesse, welches die Basis dieses Erfolges darstellt, dürfen wir uns im Namen aller Herausgeber, des Beirats und des Verlags recht herzlich bei allen Lesern, insbesondere aber auch bei allen Autoren bedanken. Wir werten dies als Ansporn, auf diesem Weg weiter zu gehen.