Rofo 2015; 187(07): 591-593
DOI: 10.1055/s-0034-1398827
The Interesting Case
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Seltene Manifestation der Arteriosklerose an der abdominellen Aorta in Form einer „Coral Reef Aorta“

T. D. Faizy
,
L. Kamper
,
P. Haage
Further Information

Publication History

03 December 2014

14 December 2014

Publication Date:
06 March 2015 (online)

Einleitung

Die Coral Reef Aorta bezeichnet eine ausgeprägte, netzförmige Kalzifizierung der abdominellen Aorta. Diese äußerst seltenen, geflechtartigen arteriosklerotischen Plaques können bei fortschreitendem Wachstum zur Minderperfusion der unteren Extremitäten führen. Abhängig von der Lokalisation der Verkalkungen können auch viszerale Ischämien oder renale Perfusionsstörungen resultieren. Im Falle einer hämodynamischen Relevanz der Stenosen ist eine endovaskuläre Therapieoption gegen eine offen chirurgische Revision im Einzelfall abzuwägen (Holfeld et al. Ann Thorac Surg 2008; 85: 1817 – 1819; Grotemeyer et al. Int J Angiol 2007; 16: 98 – 105).

Fallbericht

Eine 83-jährige Patientin stellte sich mit seit Wochen zunehmender belastungsabhängiger Claudicatiosymptomatik nach einer subjektiven Gehstrecke von ca. 20 Metern in unserer Klinik vor und wurde zur weiteren Abklärung stationär aufgenommen. Zunehmend traten die Symptome auch in Ruhe auf. Die Beschwerden gab die Patientin als glutaeal beginnend, in beide Unterschenkel ausstrahlend an, ohne Nachweis einer radikulären Symptomatik. In der Vorgeschichte war eine PAVK IIb beschrieben, mit bereits erfolgter stentgestützter PTA beider Aa. femorales superficiales. Anamnestisch bestand ein exzessiver Nikotinabusus (70 PY). Es bestanden weitere kardiale Risikofaktoren im Sinne einer leichten Hypercholesterinämie (228 mg/dl) und einer arteriellen Hypertonie. Zum Aufnahmezeitpunkt waren lediglich die Leistenpulse beidseits tastbar, bei jedoch negativem Pulsstatus der Aa. popliteae, der Aa. dorsales pedes und der Aa. tibiales posteriores beidseits.

In der stationär durchgeführten MR-Becken-Bein-Angiografie ([Abb. 1a, b]) zeigte sich eine ausgeprägte Atheromatose der Aorta abdominalis mit perforierenden Ulzerationen, suprarenal beginnend und bis auf Nierenarterienabgangsniveau herabreichend.

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Abb. 1 Die koronare MIP-Rekonstruktion der MR-Angiografie a visualisiert den Bezug der kalzifizierten Plaques zu den Nierenarterienabgängen. In der sagittalen Rekonstruktion b ist die kraniokaudale Ausdehnung der CRA im Verhältnis zur Arteria mesenterialis superior dargestellt.

Um die Ausprägung der arteriosklerotischen Plaques bestimmen zu können, wurde eine kontrastmittelgestützte abdominelle CT-Aortografie ([Abb. 2a–c]) am Folgetag angeschlossen.

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Abb. 2 Die transversale Schicht in Abbildung a veranschaulicht die luminale Enge der Aorta bedingt durch die Plaquebildung. In der sagittalen Rekonstruktion b wird die kraniokaudale Ausdehnung der aortalen Verkalkungen abgebildet. c zeigt eine vergrößerte koronare MPR-Rekonstruktion, welche die intravaskuläre Ausprägung der gitterförmigen und squamösen Arteriosklerose veranschaulicht.

In dieser Untersuchung zeigten sich gitterförmig imponierende, schollige Verkalkungen der Aorta abdominalis am thorakolumbalen Übergang mit konsekutiver Atheromatose des Gefäßes und daraus resultierender mittelgradiger Stenose des aortalen Lumens. Die Abgänge beider Nierenarterien waren von diesen Veränderungen mitbetroffen.

In der infrarenalen Bauchaorta fand sich eine weitere Manifestation der beschriebenen Gefäßveränderungen, welche allerdings weniger stark ausgeprägt war.

In einem ausführlichen Gespräch mit der Patientin wurde zunächst eine maximale Intensivierung des bisher noch nicht vollständig ausgereizten konservativen Therapieregimes empfohlen. Zusätzlich zur Gabe von Thrombozytenaggregationshemmern und ASS wurde ein selektiver Phosphodiesterase-3-Hemmer verordnet. Zudem wurden ein strukturiertes Gehtraining und eine absolute Nikotinkarenz vereinbart.

Der Patientin wurden ebenso die Therapieoption einer offen-chirurgischen Revision mittels TEA und eines extraanatomischen axillofemoralen Bypasses dargelegt.

Als Alternative wurde eine endovaskuläre Behandlung diskutiert.

Diese wurde aufgrund des ausgeprägten Befundes und der Beteiligung der Nierenarterienostien allerdings als nachrangiges Verfahren vorgestellt.

Die Patientin selbst äußerte sich sehr zurückhaltend und skeptisch sowohl gegenüber einer offen chirurgischen Therapie als auch einer interventionellen Behandlung.

Unter Eskalation der konservativen Therapie besserten sich die Beschwerden noch während des Klinikaufenthaltes, sodass eine engmaschige Nachkontrolle anberaumt wurde. Insbesondere verbesserte sich die subjektive Gehstrecke. Darüber hinaus klagte die Patientin kaum mehr über einen Ruheschmerz. Von einer operativen Revision wurde vorerst Abstand genommen.


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