Z Gastroenterol 2015; 53(8): 1026
DOI: 10.1055/s-0034-1397881
Nachruf
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

In memoriam Dr. med. Rainer E. Hintze
* 23.07.1938 † 26.06.2015

Peter N. Meier
,
Wilfried Veltzke-Schlieker
,
Till Wehrmann
,
Bertram Wiedenmann
Further Information

Publication History

Publication Date:
26 August 2015 (online)

Nach längerer Krankheit verstarb Rainer Hintze, einer der Pioniere der gastroenterologischen Endoskopie in Deutschland, im Alter von 77 Jahren.

Im Saarland geboren ist seine Familie kriegsbedingt in den Harz ausgewandert. Er erlebte seine Gymnasialzeit in Leipzig und Essen sowie in Lünen, wo er 1959 seine Abiturprüfung ablegte. Nach dem Wehrdienst begann er das Studium der Medizin 1960 im Saarland, wechselte dann aufgrund besserer Studienbedingungen nach Münster. Sein Interessensschwerpunkt war Biochemie, er promovierte mit Auszeichnung über die Darstellung eines Enzyms des Harnstoffstoffwechsels. Den Abschluss seines Studiums absolvierte er 1966 in Kiel.

Es folgte eine erste Assistenzarztstelle in Winsen an der Luhe in der Chirurgie, dann ab 1968 Internistenausbildung bei Prof. Holdack / Kardiologie am Krankenhaus Neukölln / Berlin. Dort Ausrichtung auf die Gastroenterologie. 1973 hospitierte er in Erlangen bei Prof. Meinhard Classen, erlernte dort die Papillotomie um sie dann in Berlin zu etablieren. Unter seiner Leitung wurde im Krankenhaus Neukölln eine Endoskopie-Abteilung ins Leben gerufen, die auf Grund seines Könnens schnell einen überregionalen Ruf erreichte.

Von besonderer Bedeutung war ihm die interdisziplinäre Arbeit in der Endoskopie. So gründete er erstmals in Berlin eine gemeinsame interdisziplinäre Konferenz mit Pathologen, Endoskopikern und Chirurgen und war somit mit seiner Vision einer Viszeralmedizin seiner Zeit weit voraus.

Da die hepatobiliäre Endoskopie ein besonderer Schwerpunkt seiner Tätigkeit war, folgte er 1989 dem Ruf von Prof. Neuhaus zum Aufbau einer universitären interdisziplinären Endoskopieabteilung (Chirurgie / Innere Medizin / Radiologie) am Rudolf-Virchow Krankenhaus, damals FU Berlin, später Charité. Er steigerte die Zahl der hepatobiliären Endoskopien von 52 auf ca. 3000 pro Jahr bei insgesamt 12 000 endoskopischen Untersuchungen insgesamt. Verfahrenstechnisch war er durch die Entwicklung einer kombinierten Technik zur Abtragung sehr großer Polypen eigentlich auch ein Pionier der Mukosaresektion, hat ein Billroth-II-Papillotom entwickelt und war an der Entwicklung eines Notfallendoskopes mit besonders großlumigen Arbeits- und Absaugkanals für Blutungsnotfälle beteiligt.

Früh erkannte er die Bedeutung der MRCP und setzte sich an die Spitze der Protagonisten dieser Technik um damit das Pankreatitis-Risiko der ERCP zu reduzieren. Eine seiner Publikationen zu diesem Thema, MRCP-gestützte (guided) ERCP bei Klatskin-Tumoren, wird auch heute noch international häufig zitiert. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit war die endoskopische Therapie der Komplikationen nach Lebertransplantation, die damit verbundene systematische Behandlung von Gallengangsstenosen und der ischämischen Gallenwegsläsionen.

Neben seinem interdisziplinären Denken pflegte er wie kaum ein anderer Stil und Haltung im endoskopischen Arbeiten. Sein Herangehen an eine endoskopische Untersuchung oder Operation war geprägt von Planung, Disziplin und Konsequenz in der Durchführung bis zum Endziel. Obwohl selbst innovativ tätig hatte er ein gesundes Misstrauen gegenüber Neuentwicklungen, die sich häufig als kurzlebig herausstellten. Die strukturelle Gestaltung einer endoskopischen Abteilung der Maximalversorgung war eine seiner Meisterleistungen. Rainer Hintze war Mitglied des Beirats der Sektion Endoskopie von 2001 bis 2005.

Der Arbeit blieb er auch nach seiner Pensionierung treu. 2–4 x wöchentlich gab er sein Wissen bis zu seiner Erkrankung an junge Kollegen weiter. Bis ins 74. Lebensjahr war er als begeisterter Vollblutendoskopiker tätig.

Wir trauern um unseren großartigen Kollegen und immer loyalen Freund Rainer Hintze, der der deutschen Endoskopieszene ein markantes und charaktervolles Gesicht gab. Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt seiner Frau Renate, seinen Kindern und zahlreichen Enkelkindern.