Z Geburtshilfe Neonatol 2014; 218(6): 235-236
DOI: 10.1055/s-0034-1397401
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Neonatologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neuroprotektion – Erythropoetin zur Neuroprotektion bei Frühgeborenen

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Publication Date:
17 December 2014 (online)

Hintergrund: Frühgeborene haben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Enzephalopathie, deren strukturelle Äquivalente, Veränderungen der weißen und grauen Substanz, mittels Magnetresonanztomographie (MRT) darstellbar sind. Einige tierexperimentelle sowie observationale und retrospektive klinische Untersuchungen lassen einen neuroprotektiven Effekt von Erythropoetin vermuten und deuten auf eine Verbesserung des langfristigen entwicklungsneurologischen Outcome bei mit Erythropoetin behandelten Frühgeborenen hin. Die schweizerische Arbeitsgruppe untersucht den neuroprotektiven Effekt einer hochdosierten Erythropoetin-Therapie bei Frühgeborenen anhand der mittels MRT darstellbaren Defekte von weißer und grauer Substanz zum Zeitpunkt des errechneten Entbindungstermins.

Methoden: In die randomisierte doppelblinde Placebo-kontrollierte Studie wurden zwischen 2005 und 2012 495 Frühgeborene (Gestationsalter 26–31 + 6 SSW) eingeschlossen. Die Analyse des primären Outcome („entwicklungsneurologisches Outcome im Alter von 2 Jahren“) steht noch aus. Die Autoren berichten die Ergebnisse einer Zwischenauswertung hinsichtlich der sekundären Outcome-Parameter „Veränderungen der weißen und grauen Substanz (White Matter Injury; WMI / Grey Matter Injury; GMI)“. Alle Frühgeborenen erhielten im Alter von 3, 12–18 sowie 36–42 Lebensstunden intravenös 25 μg (3000 IU)/ kg KG rekombinantes humanes Erythropoetin (n = 256) bzw. ein Placebo (n = 239). Eine nicht-randomisierte Subgruppe von 165 Kindern (Erythropoetin n = 77; Placebo n = 88) wurde zum Zeitpunkt des errechneten Entbindungstermin mittels zerebralem MRT untersucht. Veränderungen der weißen und grauen Substanz wurden mit Hilfe etablierter Scores objektiviert.

Ergebnisse: Die Kinder der Erythropoetin-Gruppe hatten signifikant bessere WMI-Gesamt-Scores als die Kinder der Placebo-Gruppe (mittlerer Score 5,91 vs. 6,43; 95 %-Konfidenzintervall [KI] -1,01–-0,04; p = 0,04). Diese Assoziation persistierte auch nach Adjustierung für das Geburtsgewicht. Hinsichtlich der Kategorisierung der WMI-Scores als normal und anormal war der Unterschied zwischen beiden Gruppen nach Adjustierung für das Geburtsgewicht ebenfalls statistisch signifikant (adjustierte RR 0,58; 95 %-KI 0,35–0,96; p = 0,03). Auch hinsichtlich abnormer Signalintensitäten der weißen Substanz zeigten sich nach Adjustierung für das Geburtsgewicht signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen (aRR 0,20; 95 %-KI 0,05–0,90; p = 0,04). Signifikant mehr Kinder der Placebo-Gruppe zeigten einen periventrikulären Verlust von weißer Substanz (33 % vs. 18 %; p = 0,048). Dieser Unterschied blieb ebenfalls nach Adjustierung für das Geburtsgewicht signifikant (aRR 0,53; 95 %-KI 0,30–0,92; p = 0,02). Der Anteil von Kindern mit punktuellen Läsionen der weißen Substanz war in beiden Gruppen vergleichbar. Die Kinder der Erythropoetin-Gruppe hatten signifikant seltener abnorme GMI-Gesamt-Scores als die Kinder der Placebo-Gruppe (7 % vs. 19 %; 95 %-KI 2–22; p = 0,03). Diese Assoziation persistierte auch nach Adjustierung für das Geburtsgewicht (aRR 0,34; 95 %-KI 0,13–0,89, p = 0,03).

Fazit

Die Studiendaten unterstützen die Vermutung, dass eine innerhalb von 42 Stunden post partum durchgeführte hochdosierte Erythropoetin-Therapie bei Frühgeborenen das Risiko für zerebrale Schäden vermindert. Die Autoren empfehlen weitere Untersuchungen zur Evaluation des entwicklungsneurologischen Outcome der Kinder.

Dr. Judith Lorenz, Künzell