Z Geburtshilfe Neonatol 2014; 218(6): 235
DOI: 10.1055/s-0034-1397400
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Neonatologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Infektionsverhütung – Händehygiene plus Handschuhe zur Verhinderung von Late-Onset-Infektionen bei Frühgeborenen

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Publication Date:
17 December 2014 (online)

Hintergrund: Insbesondere sehr unreife Frühgeborene sind durch das Auftreten von Late-Onset-Infektionen und nekrotisierende Enterokolitiden (NEC) gefährdet. Durch adäquate Hygienemaßnahmen kann zwar ein großer Teil der Keime an den Händen des medizinischen Personals eliminiert werden, aber die verbleibenden Mikroorganismen gefährden dennoch die Kinder aufgrund ihres noch unreifen Immunsystems und der durchlässigen Haut- und Schleimhautbarrieren. Studiendaten weisen darauf hin, dass sie Verwendung von Handschuhen zu einer geringeren bakteriellen Kontamination der Hände und einer geringeren Infektions- und NEC-Rate von Frühgeborenen führt.

Methoden: Kaufman et al. untersuchen mit Hilfe einer randomisierten klinischen Studie an Frühgeborenen, ob die Verwendung nicht steriler Handschuhe zusätzlich zur Händehygiene vor jedem direkten Patienten- oder Katheter-Kontakt im Vergleich zur Händehygiene allein das Auftreten von Late-Onset-Infetionen und NEC verhindern kann. In die prospektive Untersuchung an der neonatologischen Intensivstation einer Universitätsklinik in Virginia / USA wurden zwischen Dezember 2008 und Juni 2011 120 Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht < 1000 g bzw. einem Gestationsalter < 29 SSW bis zum achten Lebenstag eingeschlossen. Bei der Betreuung der Kinder der Gruppe A (n = 60) verwendete das medizinische Personal nach Durchführung der Händehygiene-Maßnahmen bei allen Patienten-, Bett- oder Katheter-Kontakten zusätzlich nicht sterile Handschuhe. Bei den Kindern der Gruppe B (n = 60) erfolgte vor dem Kontakt lediglich die Händehygiene nach den Richtlinien der WHO. Das Auftreten von Late-Onset-Infektionen (> 72 h nach der Geburt) in Form von hämatogener Keimstreuung, Harnwegsinfektionen, Meningitis sowie NEC wurde evaluiert.

Ergebnisse: Die durchschnittliche Interventionsdauer betrug in Gruppe A und B 47 (SD 34) bzw. 42 (23) Tage (p = 0,69). Zentralvenöse Katheter waren im Mittel 40 (34) bzw. 35 (22) Tage in situ (p = 0,91). Eine Late-Onset-Infektion oder NEC trat in Gruppe A und B bei 32 % (19/60) bzw. 45 % (27/60) der Kinder auf (Differenz -12 %; 95 % CI -28 bis 6; p = 0,13). Die Infektionen wurden vorwiegend durch gram-positive Erreger hervorgerufen. In der Gruppe A traten im Vergleich zur Gruppe B 53 % weniger gram-positive hämatogene Infektionen (15 %; 9/60 vs. 32 %; 19/60; Differenz -17 %; 95 % CI -31 bis -1; p = 0,03) und 64 % weniger zentralvenöse Katheter-assoziierte hämatogene Infektionen auf (Inzidenz 3,4 vs. 9,4 pro 1000 Katheter-Tage; 95 % CI 0,16–0,81; p = 0,01). Die monatlich beurteilte Compliance bei der Händehygiene betrug 79 %.

Fazit

Die Verwendung von Handschuhen nach Durchführung der Händehygiene-Maßnahmen vor Patienten- oder Katheter-Kontakt bei Frühgeborenen resultierte in einer geringeren Rate gram-positiver hämatogener Infektionen sowie zentralvenöser Katheter-assoziierter hämatogener Infektionen. Diese einfach zu implementierende Maßnahme zur Infektionsprävention kann – so das Fazit der Autoren – die Infektionsrate bei Hochrisiko-Frühgeborenen vermindern. Defizite sehen Kaufman et al. neben der Händehygiene-Compliance von < 90 % auch darin, dass die Eltern der Kinder der Gruppe A selbst entscheiden durften, ob sie bei Kontakt mit ihrem Kind Handschuhe tragen wollten.

Dr. Judith Lorenz, Künzell