intensiv 2015; 23(01): 6-7
DOI: 10.1055/s-0034-1396936
Kolumne
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

The same procedure as every year!

Heidi Günther
Further Information

Publication History

Publication Date:
07 January 2015 (online)

Wenn ein Jahr nicht leer verlaufen soll, muss man beizeiten anfangen.

(Johann Wolfgang von Goethe, 1749–1832)

Wir können es drehen, wie wir es wollen. Das neue Jahr ist voll im Gange. Dabei habe ich das alte noch nicht einmal verkraftet. Ich weiß gar nicht genau, wo die Zeit geblieben ist und fühle mich, wenn ich so etwas denke oder sage, wie meine eigene Großmutter. Diese wollte mir immer weismachen, dass im Alter die Zeit viel schneller vergeht. Aber offensichtlich hatte sie Recht, obwohl es hoffentlich niemand wagen wird, mich als alt zu bezeichnen.

Zoom Image
(Foto: Paavo Blåfield)

Ich habe erst in der Recherche zu dieser Kolumne erfahren, dass die UNESCO das Jahr 2014 zum internationalen Jahr der Kristallografie erklärt hat. Ich bin bestimmt ein vielseitig interessierter Mensch – aber das war selbst an mir vorübergegangen.

Damit ich nun meinem Informations- und Bildungsauftrag nachkomme, hier für alle, die es noch nicht wussten: 2015 ist das internationale Jahr des Lichts. Unter dem Motto „Light for Change – Licht für Veränderung“ sollen die UNESCO und ihre Partner Projekte anregen, um die Lebensqualität in Entwicklungsländern durch günstige energieeffiziente Lichtquellen zu verbessern. Nun wissen wir das auch.

Dem chinesischen Horoskop nach war (bzw. ist ja noch bis zum 18. Februar) das vergangene Jahr das des Holz-Pferdes, das sich durch schwer zu bremsenden Tatendrang und entschlossenes Handeln auszeichnet. Wobei das gemeine Holzpferd offensichtlich dazu neigt, seine körperlichen Ressourcen zu überschätzen und schnell erschöpft ist (so steht es zumindest im Horoskop).

Es ist anzunehmen, dass sich die Menschen in Hongkong (China) von ihrem Horoskop bestärkt fühlten und seit dem Juli 2014 immer wieder bei Demonstrationen für mehr Demokratie und Freiheit in ihrem Land kämpfen. Das Jahr des Holz-Pferdes wird nun vom Jahr des Holz-Schafes abgelöst und dieses soll dann Ehrlichkeit, Gerechtigkeit und Harmonie über uns alle bringen. Das ist doch schon mal was und lässt uns alle hoffen. Zumal 2014 auch ein Jahr der Flüchtlingsdramen war. Es gibt Zahlen, die sprechen von bis zu 50 Millionen Menschen, die in dem vergangenen Jahr weltweit auf der Flucht waren und wahrscheinlich noch sind.

In Deutschland fanden diverse Wahlen statt. Dabei nicht zu vergessen die Europawahl im Mai. Außerdem haben wir alle erfahren dürfen, dass es mit der Ausstattung unserer Bundeswehr nicht so doll ist. Aber wenn nötig, würde Ursula von der Leyen den einen oder anderen Hubschrauber oder Panzer leasen. Ich frage mich nur wo? Bei Sixt oder Jochen Schweizer?

2014 war auch ein sehr sportliches Jahr: Im Februar fanden die Olympischen Winterspiele in Russland statt und – wer hätte das gedacht – die Russen waren im Medaillenspiegel ganz weit vorn, während wir Deutschen uns mit dem 6. Platz in der Länderwertung zufrieden geben mussten. Aber spannend war es allemal. Dafür wurden wir im Juli in Brasilien Fußballweltmeister und das war wirklich unvergleichlich.

Außerdem war es ein Jahr der Jubiläen: Es wurde der beiden Weltkriege gedacht, des 25. Jahrestags des Mauerfalls, Facebook wurde zehn Jahre, die Bundeskanzlerin 60 Jahre alt. George Clooney hat geheiratet und Angelina Jolie und Brad Pitt angeblich auch. Ein musikalischer Höhepunkt des letzten Jahres war natürlich Conchita Wurst aus Österreich beim 59. Eurovision Song Contest – und schon haben wir ein Jubiläum in diesem Jahr: den 60. ESC in Wien.

Und was war 2014 auf unserer Station los? Auch dort verging die Zeit wie im Flug. Bis Mitte des Jahres lief es eigentlich ganz gut. Gute Bettenauslastung bei gutem Personalschlüssel. Aber, wie in jedem Jahr, als die Haupturlaubszeit begann, ging das allgemeine Dienstplanchaos los. Da kamen zu den Urlaubern noch erkrankte Kollegen und – wenn schon, denn schon – zusätzlich die eine oder andere Kündigung. Und schon arbeiteten wir wieder einmal am Limit.

Besonders traurig und ein herber Schlag ins Kontor unserer Station und für mich war, dass meine Stellvertretung unsere Station verlassen hat und seit November vergangenen Jahres in einer anderen Abteilung arbeitet. Knapp acht Jahre waren wir ein gutes Team.

Im Januar 2007 (ich weiß es noch wie heute), an dem Tag, als der Orkan Kyrill halb Europa unsicher machte, stellte sich Michaela B. auf unserer Station vor und entschied sich schnell, bei uns arbeiten zu wollen. Von Anfang an hatten wir einen guten Draht zueinander. Es passte einfach. Bald schon wurde sie meine Stellvertretung und es entwickelte sich eine Art der Zusammenarbeit, die ich nicht nur jeder Stationsleitung, sondern jedem Kollegen sehr gönnen würde. In vielen Dingen waren wir uns sehr ähnlich und in anderen weniger. Ich bin groß, sie eher klein. Sie war damals blond und ich weiß gar nicht mehr genau, welche Haarfarbe ich gerade hatte. Sie kommt aus dem Westen und ich aus dem Osten. Sie hat, und darauf legte sie immer besonderen Wert, das Latinum, während ich zur Not noch etwas Russisch rauskramen konnte. Dafür herrschte aber große Einigkeit in allen Belangen, was unseren Beruf und Berufsstand angeht. Es gab auch Kontroversen im Rahmen unserer Arbeit als Stationsleitungen, die aber ausdiskutiert und bei denen gemeinsame Nenner gefunden wurden. Wir hatten einen ähnlichen Humor, konnten gut über uns selbst lachen. Dennoch waren die wichtigsten Grundsätze unserer gemeinsamen Arbeit Professionalität, Ernsthaftigkeit, Gleichberechtigung, Akzeptanz, Loyalität und Vertrauen. Und nicht zu vergessen: Wir hatten in all den Jahren wirklich viel Spaß. Das alles sind Werte, die ich nicht hoch genug schätzen kann. Es war mir immer eine Freude!

Aber Veränderung heißt Bewegung, neue Herausforderungen, auch das gehört zum Leben einer Station und wie immer werden wir es auch in diesem Jahr meistern. Ehe wir uns umsehen, wird 2015 vorbei sein. Dann wird von anderen und neuen Ereignissen die Rede sein und wir werden uns wieder fragen, wo nur die Zeit geblieben ist.

In diesem Sinne: ein gutes, erfolgreiches und gesundes Jahr für uns alle!

Ihre
Heidi Günther