Zusammenfassung
Studienziel: CoCrMo-Legierungen sind kontraindiziert bei Allergikern. Für diese Patienten sind
im Hüftbereich zementfreie und zementierte Prothesen aus Titanlegierungen verfügbar.
Knieendoprothesen aus dieser Legierung, insbesondere auch die Tibiateile dieser Prothesen,
können im Zusammenwirken mit dem UHMWPE-(Ultra-High-Molecular-Weight Polyethylene-)Inlay
ein problematisches Abriebverhalten zeigen. Deshalb sind im Kniebereich zementierte
Endoprothesen aus nicht allergener Oxidkeramik sinnvoll. Die Oxidkeramikoberfläche
hat für Knochenzement eine deutlich geringere Retention im Vergleich zu einer texturreichen
Metalloberfläche. Durch Raustrahlen erzeugte Texturen auf einer keramischen Oberfläche
sind wegen des Sprödbruchverhaltens von Keramik ungeeignet. Scharfe Kanten und Texturen
an der Keramikoberfläche verursachen eine Kerbwirkung, welche zur Rissausbreitung
und in Folge zu einer Reduzierung der mechanischen Festigkeit der Keramik führt. Mangelnde
Retention des Knochenzements auf der Keramikoberfläche begünstigt Mikrobewegungen
der Prothese, die das Risiko für „Debonding“ erhöhen. Eine Silikatbeschichtung kann
durch spezifische Adhäsion die Retention auch ohne Texturen gegen hydrolytische Degradation
stabilisieren und so „Debonding“ verhindern; allerdings setzt diese spezifische Adhäsion
die Reinigung und die Aktivierung der Oberfläche voraus. Methode: Gegenstand der Untersuchungen ist eine Kompositkeramik aus einer Aluminiumoxidmatrix,
die mit Zirkoniumoxid und Stängelkristallen (Platelets) verstärkt ist (Zirkoniumoxid-
und Platelet-verstärktes Aluminiumoxid: ZPTA. Durch die Umwandlungsverstärkung von
Zirkoniumoxid und dem zusätzlichen Rissablenkungsverhalten der Stängelkristalle kombiniert
der Werkstoff so die sehr geringe Abriebrate von Aluminiumoxid mit der hohen Festigkeit
und Bruchzähigkeit von Zirkoniumoxid. Um die Wirksamkeit der Reinigung und Aktivierung
durch atmosphärisches Plasma bzw. durch thermische Oberflächenbehandlung und anschließender
PVD-(Physical Vapour Deposition/Physikalische Gasphasenabscheidung-)Beschichtung mit
Silikat zu untersuchen, wurde die auf ihre Haftfestigkeit zu untersuchende ZPTA-Keramikoberfläche
„as-fired“ gereinigt und oberflächenaktiviert. Nach der Silikatbeschichtung wurden
auf die scheibenförmigen Keramikprüfkörper TiAlV-Sonden (Durchmesser 6 mm) als Stirnzugprüfkörper
zentrisch aufzementiert und nach vorgegebenen Fristen hydrolytischer Belastung von
bis zu 150 Tagen bei 37 °C in Ringer-Lösung („Auslagerung“) im Stirnzugversuch die
Haftfestigkeit geprüft. Als Referenz dienten gereinigte, nicht aktivierte Prüfkörper
aus „as-fired“-ZPTA-Keramik ohne Silikatbeschichtung. Ergebnisse: Die Haftfestigkeit auf der aktivierten, silikatbeschichteten ZPTA-Oberfläche erwies
sich für beide Aktivierungsmethoden innerhalb des 5-monatigen Beobachtungsintervalls
als hydrolysestabil und war nach allen untersuchten Auslagerungsintervallen stets
größer als 20 MPa. Die anfängliche Haftfestigkeit ohne Auslagerung auf der gewaschenen,
aber nicht aktivierten Oberfläche ohne Silikatbeschichtung war 5 MPa. Schlussfolgerung: Die Oberflächenaktivierung durch atmosphärisches Plasma oder thermische Oberflächenbehandlung
ist gleichwertig und führt bei der untersuchten Oxidkeramik in Verbindung mit einer
anschließenden Silikatbeschichtung zu einer Retention, die klinisch ausreichend sein
sollte, um haftungsbedingte Migration, Mikrobewegung und haftungsbedingtes „Debonding“
zu unterbinden.
Abstract
Aim: CoCrMo alloys are contraindicated for allergy sufferers. For these patients, uncemented
and cemented prostheses made of titanium alloy are indicated. Knee prostheses machined
from that alloy, however, may have poor tribological behaviour, especially in relation
to UHMWPE inlays. Therefore, for knee replacement cemented high-strength oxide ceramic
prostheses are suitable for allergy sufferers and in cases of particle-induced aseptic
loosening. For adhesion of bone cement, the ceramic surface, however, only exposes
inefficient mechanical retention spots as compared with a textured metal surface.
Undercuts generated by corundum blasting which in the short-term are highly efficient
on a CoCrMo surface are not possible on a ceramic surface due to the brittleness of
ceramics. Textures due to blasting may initiate cracks which will weaken the strength
of a ceramic prosthesis. Due to the lack of textures mechanical retention is poor
or even not existent. Micromotions are promoted and early aseptic loosening is predictable.
Instead silicoating of the ceramic surface will allow specific adhesion and result
in better hydrolytic stability of bonding thereby preventing early aseptic loosening.
Silicoating, however, presupposes a clean and chemically active surface which can
be achieved by atmospheric plasma or thermal surface treatment. Method: In order to evaluate the effectiveness of silicoating the bond strengths of atmospheric
plasma versus thermal surface treated and silicate layered ZPTA surfaces were compared
with “as-fired” surfaces by utilising TiAlV probes (diameter 6 mm) for traction-adhesive
strength tests. After preparing samples for traction-adhesive strength tests (sequence:
ceramic substrate, silicate and silane, protective lacquer [PolyMA], bone cement,
TiAlV probe) they were aged for up to 150 days at 37 °C in Ringerʼs solution. Results: The bond strengths observed for all ageing intervals were well above 20 MPa and much
higher and more hydrolytically stable for silicate layered compared with “as-fired”
ZPTA samples. Conclusion: Silicoating may be effective for achieving high initial bond strength of bone cement
on surfaces of oxide ceramics and also suitable to stabilise bond strength under hydrolytic
conditions as present in the human body in the long-term. Activation by atmospheric
plasma or thermal surface treatment seems to be effective for activation prior to
silicoating. Due the proposed silicate layer migration, micromotions and debonding
should be widely reduced or even eliminated.
Schlüsselwörter Knieendoprothese - Oxidkeramik - atmosphärisches Plasma - Silikatbeschichtung - hydrolytische
Stabilität
Key words total knee replacement - oxide ceramics - atmospheric plasma treatment - silicoating
- hydrolytic stability