Auch heute lässt sich die Entstehung einer hepatischen Enzephalopathie (HE) noch am
besten mit der Kumulation des Neurotoxins Ammoniak (NH3) als Folge einer gestörten Verarbeitung in der Leber erklären. Andere Organe wie
Skelettmuskulatur, Lunge und Niere können diesen Ausfall partiell kompensieren, wobei
weniger der primär in der Leber lokalisierte Harnstoffzyklus, sondern der Einbau von
NH3 in Glutamat eine Rolle spielt. In der Bilanz bedeutet dies keine wirkliche Entlastung,
da das entstehende Glutamin u. a. in Enterozyten und Niere wieder metabolisiert wird
und dabei 2 Moleküle NH3 freisetzt. Pathophysiologisch fällt ins Gewicht, dass auch die Astrozyten vermehrt
Glutamin produzieren, dieses aber nur in reduziertem Maße nach extrazellulär abgeben
können. Die resultierende Zellschwellung erklärt die selbst bei minimaler hepatischer
Enzephalopathie beobachtete Wassereinlagerung im Hirn. An den weiteren Ereignissen
– inflammatorische Reaktionen und morphologische Veränderungen der Astrozyten – dürften
auch Schädigungen der Mitochondrien mit Beeinträchtigungen des zellulären Energiestoffwechsels
beteiligt sein.