Fragestellung: Biofeedback ist eine apparativ-instrumentelle Methode zur Erlangung oder Verbesserung
der Selbstkontrolle über physiologische bzw. psychophysiologische Vorgänge im Körper
und steht unter dem Motto „Messen-Wahrnehmen-Verstehen-Ändern-Können“. Das Prinzip
der Selbstwirksamkeitsüberzeugung spielt hier eine wichtige Rolle – am Ende steht
die Selbstkompetenz. Die vorliegende Übersicht gibt eine Darstellung der Einsatzmöglichkeiten
für Biofeedback in der physikalisch-medizinischen Begleitung und Rehabilitation onkologischer
Patienten, ihrer Angehörigen und Behandler.
Methode: (Traditionelle) Übersicht.
Resultate: Angst (vor der Erkrankung, vor einem Rückfall, vor dem Tod, was wird aus meinen Angehörigen,
wie geht es weiter...) führt zur überproportionalen psychophysiologischen und psychomotorischen
Aktivierung und zu schmerzhaften Verspannungen. Biofeedback bewährt sich hier bei
Kurzzeitinterventionen hinsichtlich Entspannung und Angstreduktion (besonders bei
Patientinnen mit infauster Prognose). Bei psychischen An- und muskulären Verspannungen
in Angst- und Stress-Situationen und daraus resultierenden Schmerzsyndromen (Zervikalsyndrom,
Dorsolumbalgien, Spannungskopfschmerz etc.) kann Biofeedback über aktives Wahrnehmen
und die Bewusstmachung von Verspannungen und muskulären Dysbalancen wirksam eingesetzt
werden. Die Patienten lernen neben einem suffizienten Stressmanagement (Hautleitwert,
Temperatur, Atmung etc.) über ein EMG-Feedback ein individualisiertes Übungs- und
Trainingsprogramm, um verspannte Muskelpartien zu entspannen, abgeschwächte zu trainieren
und verkürzte aktiv zu dehnen. Gerade bei fortgeschrittenen Erkrankungen mit Knochenmetastasierung
oder bei Multiplem Myelom bewährt sich diese Anwendung von Biofeedback besonders.
Inkontinenz für Harn und/oder Stuhl sowie Entleerungsstörungen der Speicherorgane,
aber auch sexuelle Funktionsstörungen können mit Biofeedback in Kombination mit Beckenbodengymnastik
und -training effektiv angegangen werden.
Eine Biofeedback-unterstützte Atemschulung sowie Atemtraining (vor und nach Thorax-Operationen)
scheint ebenso sinnvoll wie präoperative Wahrnehmungsschulungen für den Beckenboden.
Bei terminalen Patienten, die für ihre Behandler praktisch nicht mehr kontaktierbar
sind, hat sich v.a. der Parameter „Herzratenvariabilität“ (HRV) bewährt, um doch noch
„Antworten“ hinsichtlich besonderer Schmerzspitzen (mit psychophysiologischer Aktivierung
und Sinken der HRV) zu bekommen und dadurch adäquate Adaptierungen der therapeutischen
Medikation durchführen zu können.
Die Behandlung von Angehörigen, Pflegern und Therapeuten (die „Burnout“ genannte Depression
betrifft besonders häufig pflegende Angehörige sowie Behandler) mit vermehrter psychophysiologischer
Aktivierung, Überlastungssyndrom und Erschöpfungssymptomen sowie mit muskuloskeletalen
Beschwerden ist eine weitere optimale Indikation zur Anwendung von Biofeedback.
Diskussion: Biofeedback hat in der physikalisch-medizinischen Begleitung und Rehabilitation onkologischer
Patienten sowie in der begleitenden Therapie ihrer Angehörigen und Behandler sinnvolle
Einsatzgebiete im multimodalen schulmedizinischen Behandlungskonzept. Dem Autor (seit
2008 Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Biofeedback und Psychophysiologie,
ÖBFP, ZVR-Nr.: 884827737) ist es wichtig, dass durch kompetente fachärztliche Supervision
bei medizinischen Indikationen die ausnahmslose Anwendung von Biofeedback im schulmedizinischen
Bereich gesichert bleibt und ein Abgleiten der Methode in die Grauzone des alternativmedizinischen
Bereichs verhindert wird. Eine schulmedizinische Verankerung der Methode wurde durch
die Übernahme ins Lehrangebot der Medizinischen Universität Wien bereits durchgesetzt.
Für die Zukunft ist neben dem Ausbau eines kompetenten Biofeedback-Angebots auch die
Kostenübernahme für die Biofeedback-Therapie anzustreben.
Lit.: Richard Crevenna. Biofeedback-Basics und Anwendungen. Maudrich 2010, ISBN-10:3-85175-920-6