Geburtshilfe Frauenheilkd 2014; 74 - FV_06_08
DOI: 10.1055/s-0034-1388588

Typische und seltene assoziierte Anomalien in einer Gruppe von 346 Patientinnen mit Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom

K Rall 1, S Eisenbeis 1, V Henninger 1, M Henes 1, D Wallwiener 1, M Bonin 2, S Brucker 1
  • 1Universitäts-Frauenklinik, Tübingen, Germany
  • 2Medizinische Genetik, Tübingen, Germany

Hintergrund: Eine Uterus- und Vaginalaplasie bei Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser (MRKH) Syndrom kommt bei einer von 4,000 – 5,000 weiblichen Lebendgeburten vor. Die genetische Ursachenforschung war im Bereich embryologisch relevanter Gene bislang weitgehend erfolglos. Zahlreiche assoziierte Anomalien, vorwiegend der Nieren und des Skeletts können assoziiert vorkommen, andere Syndrome scheinen mit MRKH zu überlappen.

Methoden: Die vorliegende Studie ist eine retrospective Analyse von 346 MRKH Patientinnen, die zwischen 1998 und 2013 an unserem Zentrum behandelt wurden. Das Augenmerk wurde gerichtet auf typische und seltene assoziierte Fehlbildungen sowie auffällige Karyotypen. Malformationen bei Familienmitgliedern wurden berücksichtigt. Eine vollständige Analyse der vorhandenen Literatur wurde verwendet, um bislang unbekannte assoziierte Befunde zu detektieren.

Ergebnisse: In unserer Kohorte fanden wir 184 (53,2%) Patientinnen mit MRKH Typ 1, 143 (41,3%) mit MRKH Typ 2 und 19 (5,5%) mit MURCS-Syndrom. Die Gruppe mit assoziierten Fehlbildungen beinhaltete 57,6% renale, 44,4% skelettale und 30,8% andere. Zusätzlich fanden wir zahlreiche seltene assoziierte Malformationen. Hierunter waren zwei mit Radiusaplasie, Fälle mit Nabel-, Zwerchfell- und Bauchwandhernien, sowie 3 Analatresien und ein Okkulodentodigitales Syndrom. Auffällige Karyotypen zeigten sich in 5 Fällen, einmal verbunden mit einem Cat-Eye-Syndrom. 39 Geschwister und 11 Eltern hatten bekannte Fehlbildungen.

Schlussfolgerung: Diese Studie unterstützt die Hypothese, dass das Syndrom eine multifaktorielle Pathogenese hat und, dass ein dominanter Erbgang unwahrscheinlich ist. Aufgrund der hohen Zahlen assoziierter Malformationen, sollte MRKH als komplexes Syndrom angesehen werden. Alle Patientinnen mit genitaler Fehlbildung sollten auf potentielle assoziierte Anomalien untersucht werden. Molekulargenetische Analysen an Kindern nach Leihmutterschaft, Zwillingsschwangerschaften und familiäre Fälle könnten bei der Aufklärung der Ätiologie helfen.