Geburtshilfe Frauenheilkd 2014; 74 - PO_Onko07_13
DOI: 10.1055/s-0034-1388453

Entscheidungskonflikte zur prophylaktischen Salpingoovarektomie bei Frauen mit genetischer Belastung für Brust- und Eierstockkrebs. Eine Interviewstudie unter besonderer Berücksichtigung des Erlebens des Fertilitätsverlustes

J Rösges 1, B Berger 2, E Gödde 3
  • 1Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Gesundheit (Department für Humanmedizin), Bottrop, Germany
  • 2Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Gesundheit (Department für Humanmedizin) Lehrstuhl für Medizintheorie, Integrative und Anthroposophische Medizin, Herdecke, Germany
  • 3Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Gesundheit (Department für Humanmedizin), Institut für Humangenetik am Lehrstuhl Pädiatrie, Recklinghausen, Germany

Fragestellung: Etwa 5 – 10 Prozent aller Brustkrebserkrankungen sind auf eine Mutation im BRCA-1/2- Gen zurückzuführen. Für Mutationsträgerinnen besteht ein erhöhtes Risiko für Brust- und Eierstockkrebs. Es stehen einerseits eine engmaschige Überwachung, andererseits prophylaktische Operationen zur Verfügung. Bis zum 40. LJ bzw. nach abgeschlossener Familienplanung wird die prophylaktische bilaterale Salpingoovarektomie (PBSO) empfohlen.

Über die Akzeptanz einer PBSO und insbesondere den Aspekt des Fertilitätsverlusts ist bisher wenig bekannt.

Methodik: Mittels eines qualitativen Forschungsansatzes wurden durch Einzelinterviews Entscheidungskonflikte, Handlungsoptionen, Informations- und Unterstützungsbedürfnisse der Frauen vor PBSO und das Erlebens des Fertilitätsverlustes auf der Grundlage des Ottawa Personal Decision Guides (OPDG) ermittelt. 13 Frauen im Alter zwischen 27 und 60 Jahren wurden befragt, davon 6 Frauen vor und 7 Frauen nach erfolgter PBSO. Die Auswertung erfolgte auf Grundlage der qualitativen Inhaltsanalyse nach G. Mayring.

Ergebnis: Bei den zwei postmenopausalen Frauen gibt es weniger Konflikte. Anders dagegen bei den 11 prämenopausalen Frauen. Diese fürchten einerseits die vorzeitigen Wechseljahre, andererseits den Verlust der Fertilität. Während des Entscheidungsprozesses gibt es Informationsbedürfnisse und die Problematik der fehlenden Handlungsoptionen.

Schlussfolgerung: Die Entscheidung verlangt ein persönliches Abwägen zwischen der Angst vor Krankheit, dem eigenen Selbstbild, der individuellen Risikofreudigkeit und der Familienplanung, um langfristig mit einer potentiell lebensbedrohlichen Erkrankung und einem potentiell kinderlosen Leben umgehen zu können. Die Endgültigkeit des Eingriffs mit der resultierenden Unfruchtbarkeit kann von vielen Betroffenen nicht adäquat eingeschätzt und bewertet werden. Im Entscheidungsprozess sind Betroffene mit den zur Verfügung gestellten Informationen nicht ausreichend zufrieden und benötigen eine bessere Kommunikation der Handlungsoptionen samt der Vor- und Nachteile.