Geburtshilfe Frauenheilkd 2014; 74 - PO_Geb03_10
DOI: 10.1055/s-0034-1388072

Anwendung und Dosierung von Misoprostol zur Prophylaxe und Therapie der Uterusatonie: Deutschland 2013 und im internationalen Vergleich

TW Goecke 1, F Voigt 1, N Maass 1, W Rath 2
  • 1Universitätsklinikum der RWTH, Universitäts-Frauenklinik, Aachen, Germany
  • 2Medizinische Fakultät der RWTH Aachen, Aachen, Germany

Zielsetzung: Ziel dieser Arbeit war eine Standortbestimmung zum Einsatz von Misoprostol an deutschen Geburtskliniken sowie Abgleich der Daten mit den Dosis-Empfehlungen der WHO und DGGG.

Methodik: Von Mai-Juli 2013 wurde eine deutschlandweite Befragung aller geburtshilflichen Kliniken (n = 738). zum Einsatz von Misoprostol in der Geburtsmedizin mittels Fragebogen durchgeführt.

Ergebnisse: Von den angeschriebenen Kliniken haben 69% (n = 542) geantwortet, insgesamt setzen 72% (n = 388) Misoprostol im Zusammenhang mit atoner Uterusblutung ein. Die häufigste Applikationsform ist die rektale Applikation (95%; n = 364). Die meisten Kliniken (72%, n = 278) setzten Misoprostol nicht „first-line“, sondern nach anderen Uterotonika ein. Als „first-line“ Therapie wird Misoprostol von 15% der Kliniken (n = 60) eingesetzt, zur Prophylaxe von 13% (n = 50). Insgesamt wurden zur Prophylaxe/Therapie einer Atonie 18 unterschiedliche Schemata genannt, am Häufigsten 800 µg rektal (27%; n = 105), gefolgt von 400 µg rektal (24%; n = 91), und 1000 µg (15%; n = 59), rektal; letzteres spiegelt die Empfehlung der abgelaufenen DGGG-Leitlinie (AWMF-Nr. 015/063) wieder. Keine Klinik folgt den Dosierempfehlung der WHO von 2013 (600/800 µg oral).

Diskussion: Trotz „off-label use“ und in der Literatur umstrittenen Effektes von Misoprostol zur Atonieprophylaxe/-therapie wird Misoprostol in Deutschland von der Mehrheit der Kliniken hierfür eingesetzt. Das breite Spektum an Dosierschemata ist möglicherweise dem aktuell eher unklaren Tenor der Literatur geschuldet. Zu klären bleibt, ob Misoprostol überhaupt zur Atonieprophylaxe/-therapie eingesetzt werden sollte, und wenn ja, wieviel in welcher Applikationsform. Die in Aussicht gestellte DGGG-Leitlinie wird diesbezüglich interessant sein.