Hintergrund: Das Bundesministerium für Gesundheit hat im Zeitraum März 2011 bis Februar 2012 sieben
Modelvorhaben gefördert, die sich der Prävention von Tabak- und/oder Alkoholkonsum
in Schwangerschaft und Stillzeit widmeten. Im Fokus des Fördervorhabens stand die
Schaffung geeigneter Zugangswege zu suchtmittelkonsumierenden schwangeren und stillenden
Frauen sowie die Organisation zielgruppenspezifischer Interventionsangebote durch
verschiedene Formen der intersektoralen Zusammenarbeit, wie der Schwangerenberatung
mit der Suchthilfe. Letzteres gilt als eine wesentliche Strategie zum Abbau gesundheitlicher
Ungleichheit und ist in die Good Practice-Kriterien des Kooperationsverbundes gesundheitliche
Chancengleichheit integriert. Im Projekt wurden die Erfahrungen der sieben Modellvorhaben
mit den Fragen ausgewertet, wie die Zielgruppe identifiziert und erreicht werden konnte,
wie Kooperationspartner für eine intersektorale Zusammenarbeit gewonnen werden konnten,
welche Zugangswege und Methoden sich als erfolgreich herausgestellt haben und wie
eine Kooperation über die verschiedenen Hilfesysteme hinweg gelungen ist.
Methoden: Im Rahmen der wissenschaftlichen Evaluation wurden einerseits die Abschlussberichte
der geförderten Modellvorhaben systematisch analysiert und andererseits Leitfadeninterviews
mit den Projektverantwortlichen geführt und ausgewertet. Die auf diese Weise erhobenen
Erfahrungen wurden in Handlungsempfehlungen zur Ansprache der Zielgruppe und zu Formen
der Zusammenarbeit im Bereich Suchtmittelkonsum sowie Schwangerschaft und Geburt überführt.
Ergebnisse: Alle Modellvorhaben haben eine Ansprache von suchtmittelkonsumierenden Schwangeren
und Stillenden über Multiplikatorinnen und Multiplikatoren vorgesehen, die ohnehin
Zugang zu dieser Zielgruppe haben. Die verschiedenen Multiplikatorengruppen erwiesen
sich als unterschiedlich offen und kooperationsbereit. So war die Inanspruchnahme
von Schulungsangeboten zu einer motivierenden Kurzintervention zum Tabakkonsum durch
(Familien-) Hebammen zumindest zufriedenstellend, während niedergelassene Gynäkologinnen
und Gynäkologen nicht bzw. nur in Einzelfällen für eine aktive Kooperation und Zusammenarbeit
gewonnen werden konnten. Weiterhin war in der Mehrzahl der Modellvorhaben vorgesehen,
die suchtmittelkonsumierenden schwangeren und stillenden Frauen nach einer ersten
motivierenden Ansprache in Angebote der Suchthilfe überzuleiten. Dieser Ansatz hat
sich in den geförderten Modellvorhaben auch dann nicht bewährt, wenn die Wege zwischen
den Beratungsstellen kurz waren und die betreffenden Frauen bei der Terminabsprache
unterstützt wurden. Dagegen wurden insgesamt sehr positive Erfahrungen mit einem integrierten
Beratungsansatz im Rahmen der Schwangerenberatung gesammelt.
Schlussfolgerungen: Neben verschiedenen Hinweisen und Empfehlungen, die sich auf unterschiedliche Aspekte
der Planungs- und Prozessqualität beziehen, wurden als zentrale Handlungsempfehlungen
zum einen die kritische Auseinandersetzung mit potenziellen Multiplikatorengruppen
und dem zusätzlichen Aufwand, der von diesen Gruppen realistischerweise erwartet werden
kann, abgeleitet und zum anderen die Integration ein- oder mehrmaliger Kurzinterventionen
in die vorhandenen Angebote der Schwangerenversorgung und -beratung. Die von einzelnen
Modellvorhaben entwickelten und erprobten Qualifikationsmodule und Screeninginstrumente
konnten im Rahmen dieser Ansätze gewinnbringend angewendet werden.