Gesundheitswesen 2014; 76 - A144
DOI: 10.1055/s-0034-1386994

Gesundheitskonferenzen und regionale Steuerungsgruppen als Instrumente für eine koordinierte und sektorenübergreifende Gesundheitsversorgung

B Richter 1, T Altgeld 1, S Brandes 1
  • 1Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e. V., Hannover

Einleitung: Der Bedarf nach einer intensivierten sektorenübergreifenden Gesundheitsversorgung in Verbindung mit einer stärkeren Akzentuierung der regionalen Ebene als Entscheidungsträger für die Gesundheitsversorgung vor Ort wird aufgrund der zunehmenden Herausforderungen im Gesundheitswesen, die sich regional differenziert darstellen, immer größer [1]. Dies erfordert eine intensivere Kooperation der Leistungserbringenden, so dass die vorhandenen Kompetenzen der jeweiligen Professionen effizient in die Gestaltung der Versorgung einfließen können. An dieser Stelle kommt dem Landkreis als zuständiger Verwaltung für die örtliche Gesundheitsaufsicht und -planung eine bedeutende Rolle zu [2; 3]. Er kann den Akteurinnen und Akteuren des regionalen Gesundheitswesens eine Plattform bieten, um die Gesundheitsversorgung und Vernetzung der Versorgungsbereiche zu gestalten [3].

Methodik: Vor diesem Hintergrund haben das niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, die AOK Niedersachsen und die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen das dreijährige Modellprojekt „Zukunftsregionen Gesundheit – kommunale Gesundheitslandschaften“ initiiert. Ziel war es, die Landkreise vielmehr als bisher in die Planung und Verantwortung einer regional koordinierten Gesundheitsversorgung einzubeziehen. In den Modellregionen Emsland, Heidekreis und Wolfenbüttel wurden regionale Steuerungsgruppen, geführt und moderiert durch die kommunale Verwaltungsspitze, etabliert. Diese setzen sich zusammen aus Akteurinnen und Akteuren des regionalen Gesundheitswesens. Eine Koordinierungsstelle ist in jedem Landkreis installiert worden. In den Gesundheitsregionen wurden darüber hinaus jährlich Gesundheitskonferenzen in Form einer Fachtagung durchgeführt, um über den Prozess zu informieren, Beteiligungsmöglichkeiten zu schaffen und Impulse für die weitere Arbeit zu generieren.

Ergebnisse: Mit dem Aufbau regionaler Steuerungsgruppen und Gesundheitskonferenzen wurden neue Strukturen geschaffen, um die Koordination der Gesundheitsversorgung zu verbessern und die verschiedenen Bereiche der regionalen Daseinsvorsorge zu vernetzen. Die Ergebnisse der Evaluation des Modellprojektes zeigen, dass durch den Strukturaufbau Transparenz über bereits bestehende Aktivitäten und Strukturen in den Landkreisen hergestellt werden konnte. Zudem wurde bei den Beteiligten ein stärkeres Bewusstsein für das Thema Gesundheitsversorgung und deren Gestaltung geschaffen. Insgesamt hat die Thematik eine deutlich stärkere Priorisierung in den Landkreisen erfahren. Ein Netzwerk- und Strukturbildungsprozess wurde angestoßen: Mit der Etablierung der regionalen Steuerungsgruppen und Gesundheitskonferenzen sowie dem Einbezug neuer oder bestehender Arbeitsgruppen, konnten in der Wahrnehmung der Projektbeteiligten arbeitsfähige Strukturen aufgebaut werden, die eine sektorenübergreifende Kooperation zur Gestaltung der Gesundheitsversorgung möglich machen. Dabei hat sich durch das Kennenlernen der Beteiligten und der Entwicklung gemeinsamer Zielsetzungen eine neue Qualität der Netzwerkarbeit entwickelt. Es konnten Kooperationen zwischen Akteurinnen und Akteuren angestoßen werden, die zuvor in einem begrenzten Rahmen oder gar nicht kooperiert haben. Unterstützend für den Prozess war die Einbindung der am Landkreis angesiedelten Koordinierungsstelle. [4]

Diskussion: Die Besetzung und damit verbunden die Größe der regionalen Steuerungsgruppen ebenso wie die Ausgestaltung der Gesundheitskonferenzen müssen im Kontext der Ausgangsvoraussetzungen diskutiert werden. Die Einbindung von Selbsthilfeverbänden und der kommunalen Verwaltungsspitze sollten zukünftig feste Bestandteile sein. Mit dem Nachfolgeprojekt „Gesundheitsregionen Niedersachsen“ sollen die Entwicklungen ausgeweitet und verstetigt werden. Alle niedersächsischen Landkreise und kreisfreien Städte werden beim Aufbau kommunaler Strukturen für eine verbesserte Koordination der Gesundheitsversorgung unterstützt. Abzuwarten bleibt die Entwicklung, ob die Etablierung regionaler Steuerungsgruppen und Gesundheitskonferenzen sowie deren konkrete Ausgestaltung langfristig zu einer verbesserten Koordination und Gestaltung der regionalen Gesundheitsversorgung beitragen können.