Fragestellung: Welche Erwartungen richten Studierende an ihr Studium und in welchen Kompetenz-bereichen
werden sie gefördert? Wir verglichen Studierende der Humanmedizin (HM) mit Studierenden
der Fächergruppen MINT, Geistes- und Sozialwissenschaften (GSW) sowie Rechts- und
Wirtschaftswissenschaften. Dadurch sollten Verbesserungspotenziale des HM-Studiums
herausgearbeitet werden.
Methodik: Datenbasis ist der Public Use File des „11. Studierendensurveys“, eine schriftliche
Befragung von zufällig ausgewählten Studierenden an 25 deutschen Hochschulen im Wintersemester
2009/2010. Einbezogen werden Angaben von 7536 Studierenden, darunter 488 Humanmediziner/innen.
Ergebnisse: Verglichen mit den anderen Fächergruppen sprechen HM ihrem Studium am häufigsten
einen Praxis- und einen Forschungsbezug zu. Sie fühlen sich auch am häufigsten auf
ihren Beruf vorbereitet, wünschen aber dennoch stärkeren Anwendungsbezug. Über die
Hälfte aller Studierenden (ø 53,3%; HM 54,5%) sieht sich eher nicht in ihrer Forschungskompetenz
gefördert. 51,6% der Studierenden der HM (ø 50,3%) geben an, dass eine selbständige
Anwendung von Forschungsmethoden zu wenig Bedeutung im Studium hat, allerdings wünschen
nur 24% der HM mehr Beteiligungsmöglichkeiten an Forschungsprojekten. Medizinstudierende
fühlen sich in Selbständigkeit, Problemlösungsfähigkeit, Kritik- und Teamfähigkeit
im Vergleich der Fächergruppen am seltensten gefördert.
Schlussfolgerung: Die von Studierenden der Humanmedizin wahrgenommene Kompetenzförderung entspricht
nicht ausreichend dem verantwortungsvollen Beruf, auf den sie sich vorbereiten. Sie
sollten in ihrer praktischen und wissenschaftlichen Selbständigkeit stärker gefördert
werden. Dafür bedarf es einer Reduktion der hergebrachten Stoffdominanz und einer
Neuausrichtung der Lehr- und Lernmethoden. Ein Erfahrungsaustausch mit den Fächergruppen
MINT und GSW könnte Entwicklungsanstöße geben.
Der Studierendensurvey wurde und wird von der Arbeitsgruppe Hochschulforschung der
Universität Konstanz betreut und vom BMBF gefördert.