Gesundheitswesen 2014; 76 - A124
DOI: 10.1055/s-0034-1386974

Krankheitskosten für Multiple Sklerose aus der Perspektive des deutschen Sozialversicherungssystems

S Neusser 1, J Biermann 1, J Wasem 1, A Neumann 1
  • 1Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen, Essen

Hintergrund: Multiple Sklerose ist eine chronisch entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems. Der Erkrankungsbeginn liegt mehrheitlich (70%) zwischen dem 20ten und 40ten Lebensjahr (Flachenecker et al. 2008). Für Deutschland wird die jährliche Inzidenz auf 3,5 bis 5 pro 100.000 Einwohner geschätzt (DGN/KKNMS 2012). Multiple Sklerose stellt die häufigste Ursache für chronische Behinderungen im jungen Erwachsenenalter dar. Für den deutschen Kontext liegen vereinzelt Krankheitskostenanalysen vor, allerdings fehlen populationsbasierte Studien, die das gesamte Sozialversicherungssystem in den Blick nehmen. Daher werden in die vorliegende Analyse neben den Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung auch die Ausgaben der Sozialen Pflegeversicherung sowie der Deutschen Rentenversicherung für Versicherte mit Multipler Sklerose (ICD-10: G35) im Jahr 2012 einbezogen.

Methoden: Je nach Ausgabenträger erfolgt bei der Datensammlung ein unterschiedliches Vorgehen. Die Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung werden anhand der Abrechnungsdaten einer großen bundesweit tätigen Krankenkasse ermittelt. Bei der Deutschen Rentenversicherung werden die Ausgaben für medizinische Rehabilitation sowie Erwerbsminderungsrente für Versicherte mit der Diagnose Multiple Sklerose (ICD-10: G35) angefragt und in die Analyse einbezogen. Die Erhebung der Ausgaben der Sozialen Pflegeversicherung erfolgte über eine schriftliche Befragung der 40 größten Pflegekassen mittels eines standardisierten Erhebungsbogens. Die Angaben werden für die gesamte Sozialen Pflegeversicherung extrapoliert.

Ergebnisse: Zum aktuellen Zeitpunkt (April 2014) liegen von 18 der 40 angeschriebenen Pflegekassen Daten vor (Rücklauf 45%). Damit ist derzeit eine Abdeckung der Gruppe der Versicherten der Sozialen Pflegeversicherung von 39,2% erreicht. Extrapoliert für alle Versicherten würden sich die Ausgaben der Sozialen Pflegeversicherung für Versicherte mit Multipler Sklerose (ICD-10: G35) 2012 demnach auf 423,5 Millionen Euro belaufen. Die Gesamtausgaben der Deutschen Rentenversicherung für medizinische Rehabilitation und Rente wegen Erwerbsminderung betragen im Jahr 2012 insgesamt ca. 258,7 Millionen Euro. Die Ausgaben der GKV werden aktuell ermittelt.

Schlussfolgerung: Trotz verschiedener Studien zu den Krankheitskosten von Multipler Sklerose, liegen für Deutschland aktuell wenig Erkenntnisse zu erkrankungsbezogenen Ausgaben des gesamten Sozialversicherungssystems vor. Die vorliegende Analyse trägt dazu bei diese Lücke zu schließen und kann wichtige Ergebnisse zur ökonomischen Belastung des deutschen Sozialversicherungssystems liefern.