Gesundheitswesen 2014; 76 - A112
DOI: 10.1055/s-0034-1386962

Eine Strategie für die Auswahl gesundheitsbezogener Printmedien – die ‚Integrative Kriterienliste‘

A Menzel-Begemann 1, K Wippermann 1, B Klünder 1
  • 1Universität Bielefeld, Bielefeld

Hintergrund: Gerade chronisch Kranke und/oder Pflegebedürftige sowie ihre (pflegenden) Angehörigen nutzen gesundheitsbezogene Printmedien, da sie beim Versorgungsmanagement mit vielfältigen Anforderungen konfrontiert werden [1]. Um diesen Anforderungen angemessen begegnen zu können, bedarf es Gesundheitskompetenz, die u.a. beinhaltet, „Gesundheitsinformationen [...] zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden“ [2, S. 3]. Informationen sind demnach eine wesentliche Voraussetzung für gesundheitsbezogene Selbstmanagementfähigkeiten. Sie bieten die Grundlage, um sich eigenverantwortlich in einem oftmals intransparenten Versorgungssystem zu bewegen. Daher spielen gesundheitsbezogene Medien als eine Form von Informationen für den Umgang mit chronischer Krankheit und/oder Pflegebedürftigkeit eine zentrale Rolle [3, 4]. Damit aber diese Medien die Krankheitsbewältigung und/oder das Versorgungsmanagement unterstützen können, müssen sie bestimmte Kriterien wie Verlässlichkeit und Nutzerfreundlichkeit erfüllen. Zur Bewertung der nutzerorientierten Qualität wurden daher bereits zahlreiche Kriterien in verschiedenen Instrumenten erarbeitet [3]. Ein die unterschiedlichen Akzente integrierendes und trotzdem handhabbares Beurteilungsinstrument liegt jedoch nicht vor. Diese Lücke soll mit der ‚Integrativen Kriterienliste‘ geschlossen werden und mit ihr ein Instrument zur Beurteilung der Qualität gesundheitsbezogener Informationen bereitgestellt werden, das auf etablierten Bewertungsverfahren basiert. Es soll insbesondere bei der Auswahl von Printmedien unterstützen, die zur Selbstinformation/zum Selbstlernen zur Verfügung gestellt werden. Eine Adaption auf die Auswahl von Online-Medien ist in Vorbereitung.

Methode: Die Kriterien von sieben bereits bestehenden Beurteilungslisten wurden vergleichend gegenübergestellt und hinsichtlich Gemeinsamkeiten und einer Relevanz für die Informationsbewertung analysiert. Auf dieser Grundlage legte eine Expertenrunde für jedes Kriterium fest, ob es im Rahmen der Qualitätsbewertung erfüllt sein muss („Must-Kriterium“) oder erfüllt sein sollte („Can-Kriterium“). In einem weiteren Schritt wurde ein Zusatzkriterium eingeführt, das die hinter den Informationen stehende Institution fokussiert. Dies wurde erforderlich, da v.a. Ratgeber(-Broschüren) nahezu keine wissenschaftlichen Quellen angeben. Diese Medien wären gemäß eines ersten Entwurfs der Kriterienliste aussortiert worden. Da sie jedoch einen wesentlichen Beitrag im Rahmen gesundheitsbezogener Informationen leisten, wurde mit der Einführung eines „weicheren“ Zusatzkriteriums die Liste angepasst.

Ergebnis: Die Zusammenstellung der bestehenden Beurteilungsinstrumente ergab eine Auflistung von 103 Bewertungsaspekten. Die Analyse dieser Aspekte mündete in eine Reduktion auf 30 relevante und um ein Zusatzkriterium ergänzte Kriterien. Als Bewertungsbereiche, auf die sich die 31 Kriterien verteilen, wurden herausgearbeitet: Ziel und Zielgruppe, Alltagsbezug und Bewältigung, Ansprache, Anforderungen an Informationen und Meta-Informationen, Schreibstil, Layout.

Schlussfolgerung: „Gute“ Informationen bilden die Basis für einen sicheren Umgang mit chronischer Krankheit und/oder Pflegebedürftigkeit. Ein wie hier entwickeltes Entscheidungsinstrument unterstützt bei der Auswahl von Printmedien. Gesundheitsprofessionen können vor dem Hintergrund ihrer wichtigen Rolle im Versorgungsprozess hieraus Nutzen ziehen, indem sie Betroffenen und ihren Angehörigen kriteriengestützt „gute“ Informationen an die Hand geben können. Gleichsam können auch die Betroffenen selbst und/oder ihre (pflegenden) Angehörigen die Kriterienliste für die selbständige Auswahl nutzen. Dies ist von Bedeutung, weil mit der steigenden Autonomie auf Seiten der Betroffenen und ihrer Angehörigen die Versorgungsqualität künftig nicht mehr ausschließlich von professionell Pflegenden oder anderen Gesundheitsdienstleistern abhängt, sondern maßgeblich durch das eigene Handeln, das auf Informationen basiert, (mit)bestimmt wird.