Einleitung/Hintergrund: Erzieher/-innen gelten als gesundheitlich belastete Berufsgruppe. Nach Daten verschiedener
Krankenkassen sind die Arbeitsunfähigkeitstage von Erzieherinnen und Erziehern in
den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen und liegen deutlich über dem Bundesdurchschnitt;
im Gesamtvergleich des Öffentlichen Dienstes fallen Erzieher/-innen ebenfalls durch
überdurchschnittlich hohe krankheitsbedingte Fehlzeiten auf. Im Fehlzeitenreport 2012
wird der Krankenstand der Kindergärtner/-innen und Kinderpfleger/-innen für 2011 mit
4,5% und einer durchschnittlichen Anzahl von 16,3 Arbeitstagen angegeben [1]. In erster
Linie führen psychische Erkrankungen neben Atemwegs- und Muskel-Skeletterkrankungen
zu überdurchschnittlich vielen Ausfalltagen. Der psychische Gesundheitszustand von
Erzieher/-innen zeigt sich im Vergleich zur berufstätigen Bevölkerung der Bundesrepublik
um fast 8,2% schlechter [2 – 5].
Inwiefern Gesundheit und Arbeitsfähigkeit pädagogischer Fachkräfte (auch) von strukturellen
Rahmenbedingungen von Kindertageseinrichtungen beeinflusst werden, ist die zentrale
Fragestellung der Studie „STEGE – Strukturqualität und Erzieher/-innengesundheit“,
deren Ergebnisse in diesem Beitrag vorgestellt werden.
Daten/Methodik: Die Studie STEGE untersuchte erstmalig empirisch Zusammenhänge zwischen Merkmalen
der Strukturqualität, der Wahrnehmung von Belastungen und Ressourcen sowie positiven
als auch negativen Beanspruchungsfolgen. Sie wurde von Oktober 2010 bis Dezember 2012
an der Alice Salomon Hochschule in Berlin durchgeführt. Auftraggeberin ist die Unfallkasse
NRW, unterstützt durch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung. Dafür wurden insgesamt
2.744 pädagogische Fach- und Leitungskräfte aus 809 Einrichtungen in einer für die
Kita-Trägerstruktur Nordrhein-Westfalens repräsentativen Stichprobe schriftlich befragt,
zudem fanden vertiefende Interviews mit 14 Erzieher/-innen statt.
Ergebnisse: Die Studie zeigt eindeutige Zusammenhänge zwischen den Arbeitsbedingungen in Kindertageseinrichtungen
und dem Gesundheitszustand der pädagogischen Fachkräfte auf: Schlechte strukturelle
Rahmenbedingungen wie zu wenig Zeit, räumliche, finanzielle und personelle Ausstattungsmängel,
geringe Arbeitsplatzsicherheit, keine festen Pausenzeiten, fehlende Einrichtungsbesprechungen
oder Supervisionsangebote erhöhen das Risiko für verschiedene gesundheitliche Beeinträchtigungen.
Dazu gehören z.B. ein schlechteres subjektives Gesundheitserleben, häufigere chronische
Erkrankungen und psychische Störungen sowie Beeinträchtigungen im Alltag. Fachkräfte
mit schlechten strukturellen Rahmenbedingungen zeigen unter Kontrolle von persönlichen
Faktoren wie bspw. Alter, privater Belastung bzw. Unterstützung, arbeitsbezogenen
Verhaltens- und Erlebensmustern oder individuellem Gesundheitsverhalten ein mehr als
doppelt so hohes Risiko für eine eingeschränkte Arbeitsfähigkeit als ihre Kolleg/-innen
mit guten strukturellen Rahmenbedingungen. Als Schutzfaktoren kristallisieren sich
ein gutes Teamklima, ein hoher Handlungsspielraum, viel Bewegung auf der Arbeit, hohe
Unterstützung von Weiterbildung durch die Einrichtung und ein hohes Ausmaß an beruflicher
Gratifikation wie Bezahlung, Arbeitsplatzsicherheit und Anerkennung heraus.
Diskussion/Schlussfolgerung: Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen die Notwendigkeit eines umfassenden Konzeptes
für ein betriebliches Arbeitsschutz- und Gesundheitsmanagement im Setting Kita, das
Zielgruppen definiert und im Sinne von Verhaltens- und Verhältnisprävention verschiedene
Verantwortungsebenen (Fach- und Leitungskräfte, Träger, Politik und Gesellschaft)
in den Blick nimmt. Aus den in der Studie identifizierten Belastungen und Ressourcen
von pädagogischen Fachkräften am Arbeitsplatz Kita wurden Eckpunkte für ein integriertes
Konzept für ein effektives und nachhaltiges betriebliches Gesundheitsmanagement entwickelt,
das Aufgaben und Maßnahmen auf diesen vier unterschiedlichen Interventionsebenen beschreibt.