Gesundheitswesen 2014; 76 - A107
DOI: 10.1055/s-0034-1386957

Evaluation des Gesamtprozesses von gesundheitsziele.de

U Maschewsky-Schneider 1, I Pöche-Guckelberger 1, S Weber 2, C Ciupitu-Plath 1
  • 1Berlin School of Public Health an der Charité-Universitätsmedizin Berlin, Berlin
  • 2Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung, Köln

Hintergrund: Gesundheitsziele sind Vereinbarungen der zentralen Akteure des Gesundheitswesens, die sich auf freiwilliger Basis zusammengeschlossen haben, um gemeinsam und zielorientiert die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland zu verbessern. Mittlerweile haben sich mehr als 120 Verbände und Organisationen unter Beteiligung von Bund, Ländern und Kommunen im Kooperationsverbund gesundheitsziele.de zusammengeschlossen. In diesem Rahmen werden im Konsens nationale Gesundheitsziele formuliert. Alle Beteiligten haben sich in einer gemeinsamen Erklärung verpflichtet, die nationalen Gesundheitsziele in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich umzusetzen. Die wissenschaftliche Begleitung des Zieleprozesses erfolgt durch einen Evaluationsbeirat. Seine Aufgaben sind: die Erstellung wissenschaftlicher Bestandsaufnahmen als Entscheidungsgrundlage für die Erarbeitung eines Gesundheitsziels, die Evaluation der Erreichung einzelner Ziele und die Erarbeitung wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Einschätzung des Gesamtprozesses.

Fragestellung: Inwieweit die Akteure im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten ihre eigenen Aktivitäten an Gesundheitszielen ausrichten und zielführende Maßnahmen umsetzen, wurde in einer wissenschaftlichen Evaluation des Gesamtprozesses untersucht. Dabei galt es herauszufinden, welche konkreten Erfolge zu verzeichnen sind und wie der Prozess weiter optimiert werden kann, um den Mehrwert des Zusammenwirkens zu verstärken.

Methodik: Im Frühsommer 2013 wurden alle 120 Organisationen mittels eines Fragebogens hinsichtlich Relevanz und Nutzen der nationalen Gesundheitsziele für ihren Verband/Organisation befragt. Der Fragebogen gliederte sich in die Blöcke: A Hintergrund, B Bedeutung der nationalen Gesundheitsziele und des nationalen Zieleprozesses, C Praktische Umsetzung der nationalen Gesundheitsziele, D Mitarbeit beim Gesundheitszieleprozess und Inanspruchnahme, E Zukünftige Ausrichtung der nationalen Gesundheitsziele und des Zieleprozesses. Der Rücklauf betrug 57,5% (N= 69). Die Datenerfassung erfolgte durch das Robert-Koch-Institut, die statistische Auswertung deskriptiv mittels SPSS durch die Autorinnen.

Ergebnisse: Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass der gemeinsamen Erarbeitung von Gesundheitszielen von allen Beteiligten eine hohe Bedeutung zugemessen wird. Gesundheitsziele dienen der Bündelung der Kräfte im deutschen föderalen Gesundheitswesen und orientieren die Gesundheitspolitik auf vorrangige Gesundheitsprobleme der Zukunft. Sie stellen Handlungsorientierungen für die eigene Arbeit der beteiligten Akteure dar und durch die Zusammenarbeit entsteht ein Mehrwert und gegenseitiger Lernprozess. Wichtig ist für die Beteiligten, dass der Prozess ergebnisoffen ist und die eigene strategische Ausrichtung und prioritäre Handlungsfelder eingebracht werden können. Dies ist Voraussetzung dafür, dass ein Beitrag zur effektiven Umsetzung der Ziele geleistet werden kann. Im Sinne einer freiwilligen Selbstverpflichtung sollten die Beteiligten zukünftig verbindlich festlegen, was jeder konkret zur Umsetzung der Ziele beitragen wird. Es sollten regelmäßig neue Ziele entwickelt und die bereits verabschiedeten Ziele in Abständen aktualisiert, gegebenenfalls auch aus dem Verbund entlassen werden. Für die Ziele sollten Erfolgsindikatoren definiert und die Zielerreichung regelmäßig auf der Grundlage solcher Indikatoren überprüft werden.

Schlussfolgerungen: Der Zieleprozess wird von den Beteiligten auch jenseits einer gesetzlichen Verpflichtung hoch geschätzt und als ein wirksames Mittel zur Bündelung der Kräfte im föderalen deutschen Gesundheitswesen angesehen. Für die Umsetzung der Ziele in Politik und Praxis wird jedoch mehr Verbindlichkeit gefordert, um nach außen den Nutzen der gemeinsamen Zielerarbeitung sichtbar zu machen, und um dann schließlich auch die angestrebten Ergebnisse für die Gesundheit der Menschen in Deutschland zu erzielen.