Gesundheitswesen 2014; 76 - A74
DOI: 10.1055/s-0034-1386924

„Starker Wille statt Promille“ – Neue Wege in der Prävention von Alkoholmissbrauch

M Heyn 1, E Hoffmann 1
  • 1Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), München

Einleitung/Hintergrund: Wie kann man erreichen, dass Jugendliche ihren Alkoholkonsum reflektieren und sich verantwortungsbewusst verhalten? Entscheidungen hinterfragen, Wege aufzeigen – wie kann das gelingen abseits von klassischen Rollenspielen, für die Jugendliche oft nur schwer zu motivieren sind? „Starker Wille statt Promille“ setzt auf ganz persönliche Entscheidungsfragen und lässt junge Leute ihren eigenen Weg finden. Das Projekt nutzt die Möglichkeiten Neuer Medien und ist damit mitten in jugendlichen Lebenswelten: Videoclips von, für und mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen machen Alkohol zum Thema.

Daten/Methodik: 37 vorbereitete Videoclips, die Jugendliche in Bamberg für das Projekt ausgedacht und produziert haben, fordern dazu auf, sich mit Entscheidungen, die den Verlauf eines Abends beeinflussen, kritisch auseinander zu setzen. Ein Einführungsfilm zeigt die Ausgangssituation und stellt schon nach knapp 60 Sekunden die erste Frage: Wie soll es weitergehen? Aus der Ich-Perspektive wählt der Zuschauer einen Clip, dieser wird gestartet und fordert am Ende erneut eine Entscheidung. Es entwickelt sich ein Handlungsstrang, dessen Situationen sich jeweils als Konsequenz der vorher getroffenen Entscheidung ergeben.

Beim Anschauen der Videoclips und viel mehr noch bei der Produktion von eigenen Filmen, wozu das Projekt (auch) einlädt, wird über die eigene Entscheidungsmöglichkeit diskutiert. Beim Dreh eigener Clips bestimmen die jungen Leute selbst ihre Positionen und ihre Geschichte, mit oder ohne Alkohol, mit diesen oder jenen Auswegen. Somit wurde und wird die Zielgruppe sowohl in die Entstehung des Projektmaterials als auch in die aktive Arbeit mit dem Projekt einbezogen. Die Arbeit orientiert sich gänzlich an der Lebenswelt der jeweiligen Gruppe, mit der gearbeitet wird.

Ergebnisse: Der neuartige, hoch interaktive und partizipative Ansatz sorgt für großes Interesse sowohl bei Multiplikatoren als auch bei der Zielgruppe, wie uns von Pädagogen rückgemeldet wird. Der Umgang mit Neuen Medien ist Jugendlichen vertraut und hat gleichzeitig hohen Aufforderungscharakter. Das Projekt wird bayernweit in allen Regierungsbezirken und unterschiedlichen Settings (Suchtprävention und -beratung, Schulen, Offene Jugendarbeit, etc.) eingesetzt und durch Multiplikatorenschulungen weiter verbreitet.

Diskussion/Schlussfolgerung: Auch wenn Partizipation bedeuten kann, neue und ungewohnte Wege zu gehen, die auf den ersten Blick riskant erscheinen, zeigen unsere Erfahrungen mit dem Projekt „Starker Wille statt Promille“, dass sich der Schritt in jedem Fall lohnt. Es ist eine Lehr-Lern-Umgebung für Jugendliche, junge Erwachsene und Pädagogen entstanden, die unter Berücksichtigung der vorhandenen Rahmenbedingungen und persönlichen Anliegen eine flexible Arbeitsweise ermöglicht. Die Akzeptanz in der Zielgruppe und die hohe Identifikation aller Beteiligten mit dem Projekt erhöhen nicht nur die Arbeitsmotivation, sondern auch die Wirksamkeit des Programms.