Gesundheitswesen 2014; 76 - A68
DOI: 10.1055/s-0034-1386918

Einfluss von Geschlecht, Alter und Komorbidität auf das Erreichen der Qualitätsindikatoren im DMP Diabetes mellitus Typ 2. Ergebnisse aus der Region Nordrhein

B Hagen 1, S Groos 1, J Kretschmann 1, A Weber 1, L Altenhofen 2
  • 1Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Köln
  • 2Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (ZI), Berlin

Einleitung/Hintergrund: Eines der zentralen Ziele des Disease Management Programms (DMP) Diabetes mellitus Typ 2 ist die Verbesserung der Versorgungsqualität aller eingeschriebenen Patienten. Anhand einer Reihe vertraglich definierter Qualitätsindikatoren wird seit Beginn des DMP überprüft, inwieweit dies gelingt. Unklar ist, ob bei dem Ausmaß der Qualitätszielerreichung Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen, jüngeren und älteren sowie weniger lang und länger erkrankten Patienten bestehen. Sollten sich diese nachweisen lassen, stellt sich die Frage, ob weiterhin eine unspezifische Formulierung allgemeingültiger Indikatoren der Versorgungsqualität für die Gesamtgruppe aller Typ-2-Diabetiker vertretbar ist.

Daten/Methodik: Analysiert wurden die Daten aller bis Ende 2012 in das DMP Diabetes mellitus Typ 2 in der Versorgungsregion der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein eingeschriebenen und wiederholt dokumentierten Patienten. Für alle vertraglich vereinbarten Qualitätsindikatoren erfolgte eine Analyse der erreichten Raten abhängig von dem Geschlecht, dem Alter sowie der Komorbidität (als Proxy-Parameter der Erkrankungsdauer), unter Kontrolle der Kovariaten Teilnahmedauer und haus- vs. fachärztliche Betreuung. Die univariate Auswertung wurde ergänzt durch jeweils ein multivariates logistisches Regressionsmodell pro Qualitätsindikator, um das Ausmaß der Bedeutsamkeit der einzelnen Gruppierungsfaktoren miteinander vergleichen zu können. Dargestellt werden die Prozentwerte (univariate Analysen) sowie die Odds Ratios inklusive der 95%-Vertrauensintervalle (Regressionsmodelle) für die untersuchten Faktoren.

Ergebnisse: Bis Ende 2012 waren in der Region Nordrhein insgesamt 470.889 Patienten mit einer wiederholten Dokumentation (Folgedokumentation) in das DMP eingeschrieben. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei 68 ± 12 Jahren, wobei 38,8% bis zu 65 Jahre, 31,7% 66 bis 75 Jahre und 29,5% 76 Jahre oder älter waren. Genau 50% der Patienten waren weiblich. Während bei 53,8% der weiblichen bzw. 44,8% der männlichen Teilnehmer noch keine Begleiterkrankung vorlag, wiesen 16,3% (weibl., männl.: 23,1%) eine kardio-vaskuläre, 17,5% (männl.: 14,8%) eine diabetische sowie 12,4% (männl.: 17,2%) eine kardio-vaskuläre kombiniert zusammen mit einer diabetischen Begleiterkrankung auf. Die für die Qualitätsindikatoren nachgewiesenen Raten unterschieden sich je nach Indikator zum Teil sehr ausgeprägt zwischen den oben genannten Teilnehmergruppen. So fand sich die maximale Abhängigkeit vom Geschlecht der Patienten für die Verordnung von Thrombozyten-Aggregationshemmern (OR männl. 1,51; CI 1,47 – 1,54), diejenige vom Alter für das Erreichen eines HbA1c-Werts unter 8,5% (OR >= 76 vs. <= 65 Jahre 2,13; CI 2,08 – 2,19) und die Verordnung von Metformin (OR 0,37; CI 0,36 – 0,39) sowie diejenige von der Komorbidität für die Überprüfung der Nierenfunktion (OR kombinierte vs. keine Begleiterkrankung 1,48; CI 1,41 – 1,55), die Netzhautuntersuchung (OR 1,35; CI 1,33 – 1,38) und die Überweisung bei schwerer Fußläsion (OR 2,28; 1,50 – 3,49).

Diskussion/Schlussfolgerung: Das Erreichen der vertraglich definierten Qualitätsindikatoren im DMP Diabetes mellitus Typ 2 ist in hohem Maße abhängig von dem Geschlecht, dem Alter und der Komorbidität der Patienten. Als Konsequenz hieraus ist die Festlegung gruppenspezifischer Raten für die einzelnen Indikatoren zu fordern. Die Ergebnisse aus Nordrhein liefern für deren Höhe eine Gestaltungsgrundlage. Zukünftige Vergleiche innerhalb der Region (Feedback-Berichte) sowie zwischen den Versorgungsregionen Deutschlands (Qualitätssicherungsberichte) sollten entsprechend gruppenspezifisch, und nicht mehr ausschließlich undifferenziert erfolgen.