Gesundheitswesen 2014; 76 - A66
DOI: 10.1055/s-0034-1386916

Ältere Migranten und Migrantinnen in der kommunalen Versorgung. Eine Studie zur Entwicklung und Umsetzung niedrigschwelliger Angebote und zum kommunalen Integrationsmonitoring

M Habermann 1, M Stagge 1
  • 1Hochschule Bremen, Bremen

Einleitung: Der Konzeption und Umsetzung früh einsetzender, haushaltsnaher, niedrigschwelliger Unterstützungsformen in der Kommune hat herausragende Bedeutung um den demographischen und sozialen Wandel in der Altenhilfe zu bewältigen. Im Sinne eines erweiterten Gesundheitsbegriffes geht es dabei nicht nur um Gesundheits- und Pflegeleistungen, sondern auch um generelle Hilfen zur Alltagsgestaltung z.B. Mobilitätshilfen oder Freizeitangebote. Die Planung und Steuerung einer gelingenden Versorgung muss in vielen Kommunen ebenso die schnell wachsende Zahl älterer Migranten und Migrantinnen berücksichtigen. Sind derzeit nur 9,9% der Migrationsbevölkerung 65 Jahre und älter (in absoluten Zahlen: 1,7 Millionen), werden dies im Jahr 2022 schon 12,6% (2,5 Millionen) sein und 2032 schon 15,1% (3,6 Millionen) (1). Es sind daher niedrigschwellige Angebotsentwicklungen gefragt, die ältere Migranten und Migrantinnen und deren Angehörige mit einbeziehen oder diese auch als eine Gruppe mit spezifischen Bedarfen und Angeboten im Stadtteil fokussieren. Die kommunalen Aktivitäten im Bereich Altenhilfe schließen damit an die Entwicklung nationaler und landesweiter Integrationspläne an und unterstützen das Integrationsmonitoring. In dem Beitrag werden Ergebnisse zweier Teilprojekte einer Studie (2011 – 2014, BMBF-Förderung) vorgestellt. Auf der Basis der Befragung stadtteilbezogener Akteure in einer norddeutschen Großstadt und auf der Grundlage einer überregionalen Befragung kommunaler Verantwortlicher wurden Treiber und Hemmnisse für eine Partizipation älterer Migranten und Migrantinnen an niedrigschwelligen Angeboten identifiziert und Vorschläge für ein kommunales Integrationsmonitoring in der Altenhilfe erarbeitet.

Daten/Methodik: Die vorgestellten Ergebnisse sind Teil einer explorativen, qualitativen Studie und beruhen auf Befragungen auf drei Ebenen:

  • Befragung mittels teilstrukturierter Interviews von Akteuren (N= 34) der Altenhilfe, Sozialen Dienste und der Integrationsarbeit zweier Stadtteile mit hohem Migrantenanteil in einer norddeutschen Großstadt. Einschlusskriterium: planerische und/oder operative Arbeit in der Integrationsarbeit und Altenhilfe

  • Befragung von jeweils einer Person mit Verantwortung für die Integrationsarbeit und einer Person mit Verantwortung für die Altenhilfearbeit in den 15 größten Städten in Deutschland (ohne Berlin) mittels halbstrukturierter Telefoninterviews (N= 32, da in einem Fall vier Personen teilnahmen). Einschlusskriterium: strategische und planerische Verantwortung.

  • Zwei Fokusgruppeninterviews in den unter (1) genannten beiden Stadtteilen einer Großstadt zur Absicherung und Vertiefung der Ergebnisse der Befragungen unter (1) und (2) (N= 16). Einschlusskriterium: Planungsverantwortliche bei Anbietern und Migrantenorganisationen.

Die Befragungen wurden transkribiert und inhaltsanalytisch ausgewertet.

Ergebnisse: Es konnten folgende Hemmnisse und Treiber identifiziert werden:

  • Eine unzureichende Datenlage zu konkreten Bedarfen/Lebenslagen und Angeboten/Angebotsvermittlung

  • Eine unzureichende Datenlage zur Partizipation und Teilhabe älterer Migranten und Migrantinnen an Regelangeboten/spezifischen Projekten

  • Fehlende Pluralität der Anbieter/Informationsvermittlung

  • Identifikation von relevanten Datensätzen und von 4 – 8 Indikatoren zum Monitoring der kommunalen Altenhilfearbeit (Struktur-/Prozess-/Ergebnissabbildungen)

Diskussion: Der Einbezug der bislang unterrepräsentierten kommunalen Altenhilfe in das Integrationsmonitoring und eine migrationssensitive Angebotsentwicklung kann durch die vorgeschlagenen Indikatoren konkretisiert werden und ist in Anbetracht der wachsenden Zahl älterer Migrantinnen und Migranten geboten.