Gesundheitswesen 2014; 76 - A65
DOI: 10.1055/s-0034-1386915

Sturzrisiko bei selbständig lebenden älteren Menschen – eine Auswertung des Stuttgarter Alterssurveys 2012

A Gäng 1, J Erb 1, HO Tropp 1, B Szagun 2
  • 1Gesundheitsamt, Stuttgart
  • 2Hochschule Ravensburg-Weingarten, Weingarten

Hintergrund: Fast 40% der zuhause lebenden Menschen ab 65 Jahren stürzen mindestens einmal jährlich. Stürze führen häufig zu akuten Verletzungen, erhöhen aber auch das Risiko langfristiger Pflegebedürftigkeit. Besonders kritisch sind Stürze in der Wohnung. Wir wollten wissen, welche Faktoren in der Stadt Stuttgart mit höherer Sturzgefährdung einhergehen.

Methodik: Die Stadt Stuttgart führte von Mai bis August 2012 eine schriftliche postalische Befragung bei einer Einwohnerstichprobe von Bürgern ab 50 Jahren durch (1). Von 3546 Befragten (Teilnahmequote 53%) machten 3302 Angaben zu erlittenen Stürzen in bzw. außerhalb der eigenen Wohnung in den vergangenen 12 Monaten. Für die Auswertung wurden weitere Daten aus der Befragung zu Alter, Geschlecht, Einkommen, Sturzangst, Behinderung, Medikamenteneinnahme und sportlicher Aktivität genutzt. Es wurden bivariate Auswertungen sowie jeweils eine binär logistische Regression für Stürze insgesamt und für Stürze in der Wohnung durchgeführt.

Ergebnisse: Von den selbständig lebenden Bürgern ab 50 Jahren waren 31% mindestens einmal in den vorausgehenden 12 Monaten gestürzt, mehr als die Hälfte davon in der eigenen Wohnung (16,9%). Frauen waren häufiger von Stürzen betroffen als Männer (33,9% vs. 27,4%; p < 0,05). Die untersuchten Risikofaktoren höheres Alter, geringes Einkommen, Sturzangst, Behinderung, regelmäßige Einnahme mindestens eines potentiell sturzrisikoerhöhenden Medikamentes und fehlende sportliche Aktivität erhöhten das Sturzrisiko statistisch signifikant. Den stärksten Vorhersagewert ergab die Sturzangst (OR 5,58 für alle Stürze, OR 9,30 für Stürze in der Wohnung). Die Mehrheit der Befragten hatte Sturzangst (56,1%), wobei Frauen ab 80 Jahren am häufigsten betroffen waren (87,5%). In der logistischen Regression war der Faktor Sturzangst am Stärksten mit dem Sturzrisiko assoziiert.

Diskussion: Es konnten Risikofaktoren identifiziert werden, die Ansätze für die Prävention auf kommunaler Ebene bieten. Im Gesamtkonzept einer Sturzprävention sollte Sturzangst als Hauptrisikofaktor Beachtung finden und in Übungsprogramme für selbständig lebende Senioren integriert werden. Da es sich um eine Querschnittstudie handelt, können zwar Zusammenhänge aber keine Ursache-Wirkungszusammenhänge festgestellt werden.