Gesundheitswesen 2014; 76 - A34
DOI: 10.1055/s-0034-1386884

Zusammenhang zwischen Effort-Reward-Imbalance und Burnout-Risiko bei Lehrkräften

S Darius 1, F Seiboth 1, R Seibt 2, I Böckelmann 1
  • 1Otto-von-Guericke-Universität Medizinische Fakultät Bereich Arbeitsmedizin, Magdeburg
  • 2Technische Universität Dresden, Dresden

Zielstellung: Lehrkräfte weisen ein hohes Risiko für psychische Erkrankungen und Burnout auf. Diese Erkrankungen stellen noch immer die Hauptursache für den hohen Anteil des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Lehrerberuf dar. Ein wahrgenommenes Ungleichgewicht von beruflicher Verausgabung und Belohnung kann langfristig zu einem chronischen Stresszustand führen und in der Folge mit einem erhöhten psychischen Krankheitsrisiko einhergehen. Das Effort-Reward-Imbalance-Modell (ERI-Modell) ermöglicht es, Zusammenhänge von Arbeitsbedingungen und psychischen Auswirkungen standardisiert zu messen. Ziel der Studie war die Untersuchung von Zusammenhängen zwischen Verausgabungs-Belohnungs-Verhältnis und Burnout-Risiko bei Lehrkräften.

Methodik: An der Studie nahmen 146 Lehrkräfte (130 Frauen, 16 Männer) aus Magdeburger Schulen freiwillig teil. Das Verausgabungs-Belohnungs-verhältnis (ER-Ratio) wurde mit dem Effort-Reward-Imbalance-Questionnaire (ERI-Q) gemessen, ab einem ER-Ratio > 1 bestehen Hinweise auf ein Gesundheitsrisiko. Das Burnout-Risiko wurde mit dem Maslach Burnout Inventory (MBI-GS) erhoben, das sich aus den Subskalen emotionale Erschöpfung (EE), Depersonalisierung (DE) und reduzierte Leistungsfähigkeit (red. LF) zusammensetzt. Nach der Berechnung des ER-Ratios wurden die Lehrkräfte in zwei Gruppen eingeteilt: Lehrkräfte mit einem normalen ER-Ratio wurden der Gruppe 1 (n = 100; Alter: 47,8 ± 7,7 Jahre) und Lehrkräfte mit einem ER-Ratio > 1 (n = 46; Alter: 48,3 ± 7,3 Jahre) der Gruppe 2 zugeteilt.

Ergebnisse: Der Vergleich zwischen beiden Gruppen ergab signifikante Unterschiede im Burnout-Risiko nach Kalimo. Die Gruppe 2 wies mit 1,4 ± 0,3 ein signifikant schlechteres ER-Ratio auf als die Gruppe 1 (0,7 ± 0,2; p < 0,001). Im MBI-GS wurden Unterschiede in den Subskalen EE (2,2 ± 1,4 vs. 3,4 ± 1,4; p < 0,001) und DE (1,1 ± 0,8 vs. 2,0 ± 1,5; p < 0,01) gefunden; in der Subskala red. LF gab es keinen Gruppenunterschied. Eine mittlere negative Korrelation ergab sich zwischen Belohnung und dem Burnout-Risiko (r= 0,32; p < 0,001), die vor allem auf den Subkategorien Anerkennung (r= 0,21; p < 0,01) und Jobsicherheit (r= 0,35, p < 0,001) beruht. Ein geringer positiver Zusammenhang wurde zwischen Verausgabung und Burnout-Risiko festgestellt (r= 0,37; p < 0,001). Das ER-Ratio korreliert positiv mit dem Burnout-Risiko (r= 0,50; p < 0,001; Varianzaufklärung: 24,2%); das Alters (Kovariate) wirkte sich auf diese Korrelation nicht aus. Zwischen ER-Ratio und EE (r= 0,49) und DE (r= 0,39) bestand eine mittlere Korrelation, zu red. LF eine geringe Korrelation (r= 0,20). Im Regressionsmodell erwies sich nur EE als signifikanter Prädiktor zur Vorhersage des ER-Ratios.

Schlussfolgerung: Es bestätigt sich für Lehrkräfte der Zusammenhang von arbeitsbedingtem Stress und Gesundheitszustand; das verdeutlicht den Bedarf für komplexe berufsspezifische Präventions- und Interventionsmaßnahmen, um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Lehrkräfte über das Erwerbsleben hinweg zu schützen. Da die EE mit ansteigendem Alter zunimmt, bestätigen sich Hinweise auf eine Abnahme psychischer Regeneration bei älteren Lehrkräften. Daher gilt es, frühzeitig in die Gesundheit dieser Berufsgruppe zu investieren. Arbeitsmedizinische Vorsorgeprogramme ermöglichen die Frühdiagnostik von arbeitsbedingtem Stress und Gesundheitsgefährdungen.