Gesundheitswesen 2014; 76 - A26
DOI: 10.1055/s-0034-1386876

Ansätze gesundheitsfördernder Stadtentwicklung – erste Systematisierungen eines Praxis- und Forschungsfeldes

G Bär 1
  • 1Alice Salomon Hochschule Berlin, Berlin

Hintergrund: Interventionen gesundheitsfördernder Stadt(teil)entwicklung haben in den letzten Jahren zwar einiges an förderpolitischer Aufmerksamkeit erfahren, wissenschaftlich sind sie aber noch wenig erforscht. Viele der durchgeführten Projekte sind nicht umfangreich dokumentiert worden und meist nur über die Analyse grauer Literatur zugänglich. In diesem Workshop wird eine erste Systematisierung des heterogenen Praxis- und Forschungsfeldes der integrierten kommunalen Gesundheitsförderung vorgestellt.

Methoden: Modellprojekte im Setting Stadtteil wurden anhand von Berichten aus einschlägigen Datenbanken analysiert. Die Projekte wurden entlang der zentralen Kategorien „intersektorale Zusammenarbeit“ und „Partizipation“ klassifiziert. Intersektorale Zusammenarbeit und die Beteiligung von sozial benachteiligten Zielgruppen sind zwei zentrale Ziele gesundheitsfördernder Stadt(teil)entwicklung.

Ergebnisse: Drei verschiedene Typen wurden identifiziert: „bottom-up, „top-down“ und-“parallel trackings“. Dies zeigt sich beispielsweise an partizipativen Projekten der HIV/Aids-Prävention, kommunalen Strategien in Verbindung mit dem Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ und dem Aufbau von „Präventionsketten“, wo gleichermaßen kommunale Akteure und bislang wenig gehörte Zielgruppen in den Entwicklungsprozess eingebunden werden. An konkreten Praxisbeispielen werden die Stärken und Schwächen der jeweiligen Herangehensweisen in Bezug auf intersektorale Zusammenarbeit und Partizipation verdeutlicht. Kritisch wird diskutiert, wie die Ausgangssituation den Entwicklungsprozess beeinflusst.

Schlussfolgerungen: Der Typus „bottom-up“ zeigt Stärken in Bezug auf Partizipation. Der Typus „top-down“ fördert am stärksten die intersektorale Zusammenarbeit und die Verankerung auf kommunaler Ebene. Beide Herangehensweisen zeigen jedoch deutliche Schwächen auf. Ansätze, die die politisch-administrativen und die im Stadtteil engagierten Akteure einbinden und gleichzeitig die Perspektive von noch nicht beteiligten Zielgruppen erheben, haben die beste Entwicklungsbilanz hinsichtlich der genannten Zielsetzungen. Für die Förderpraxis leitet sich hieraus ein Plädoyer für „parallel trackings“ ab, d.h. für extern moderierte Verfahren, um die verschiedenen Perspektiven und Bedarfe zusammenzuführen und für mehr gesundheitliche Chancengleichheit einzutreten. Die unterschiedlichen kommunalen Verläufe und Dynamiken werden im Rahmen des neuen Forschungsverbundes „PartKommPlus“ Gegenstand vertiefender Analysen sein. Der Forschungsverbund ist ein Projekt des Netzwerks Partizipative Gesundheitsforschung und wird vom BMBF gefördert.