Gesundheitswesen 2014; 76 - A21
DOI: 10.1055/s-0034-1386871

Veränderungen in der zeitlichen Nutzung von Bildschirmmedien und im Bewegungsverhalten bei 11- bis 15-jährigen Jugendlichen von 2002 – 2010

J Bucksch 1, E Finne 1, P Kolip 1
  • 1Universität Bielefeld, Bielefeld

Hintergrund: Studien im Jugendalter zeigen, dass ein zu geringes Ausmaß an Bewegung mit moderater bis hoher Intensität und lange Zeiten vor Bildschirmmedien (Fernsehen, PC) sich ungünstig auf die Gesundheit auswirken. Allerdings liegen nur wenige Informationen vor, inwieweit sich die Ausprägung dieser Verhaltensweisen in den letzten Jahren verändert hat. Dieser Beitrag präsentiert die Veränderung von 2002 bis 2010 in der zeitlichen Nutzung von den Bildschirmmedien TV und PC sowie für das Bewegungsverhalten mit einer moderaten bis hohen Intensität.

Methodik: Die Daten stammen aus den jeweiligen nationalen Erhebungswellen 2002, 2006 und 2010 der internationalen Health Behaviour in School-aged Children (HBSC) Studie. Die Analysen beziehen sich auf 16.918 11- bis 15-jährige Jungen (49,1%) und Mädchen. Die abhängigen Variablen sind der tägliche TV-Konsum und die tägliche Nutzung eines PCs (keine Konsolen oder Computerspiele!) differenziert nach Werktag und Wochenendtag sowie Erreichung der Bewegungsempfehlung (= täglich mindestens 60 Minuten moderat- bis hochintensiver Bewegungszeit). Die Veränderung von 2002 bis 2010 in den verschiedenen Verhaltensweisen wird mittels geschlechtsspezifischer linearer/logistischer Regressionsmodelle kontrolliert für das Alter und den familiären Wohlstand getestet.

Ergebnisse: Der Fernsehkonsum an Werktagen, aber nicht an einem Wochenendtag, reduziert sich stetig über die Zeit (p for trend < 0,01) mit einem Unterschied von 12,4 Min/Tag bei Mädchen und 18,3 Minuten/Tag bei Jungen von 2002 auf 2010. Gleichzeitig steigt die zeitliche Nutzung des PCs stark an bei den Mädchen (p for trend < 0,001). Die Unterschiede zwischen 2002 und 2010 liegen werktags bei 54,1 Minuten/Tag und an einem Wochenendtag bei 68,8 Minuten. Für die Erreichung der Bewegungsempfehlung wird ein statistisch signifikanter Anstieg für Jungen und Mädchen festgestellt p for trend < 0,001. 2010 liegt der Anteil an ausreichend körperlich aktiven Mädchen bei 14,0% bzw. 19,9% für die Jungen. Die absolute Differenz zwischen 2002 und 2010 liegt bei 5,4 Prozentpunkten bei Mädchen und bei 5,1 Prozentpunkten bei den Mädchen.

Diskussion: Obgleich der Anteil Jugendlicher zwischen 2002 und 2010 angestiegen ist, der die Bewegungsempfehlung erreicht, ist die Prävalenz immer noch sehr niedrig. Auch wenn eine rückläufige zeitliche Dauer im Fernsehkonsum zu beobachten ist, so ist zumindest für die Mädchen nicht von einer generellen Abnahme von Bildschirmmedienzeiten auszugehen. Dies liegt vor allem darin begründet, dass bei den Mädchen ein starker Anstieg in den Nutzungszeiten des PCs für Online-Chats, Internet, E-Mail-Verkehr, Erledigung der Hausaufgaben in den letzten acht Jahren zu verzeichnen ist, der den Rückgang in den Fernsehzeiten aufgewogen hat. Die Ergebnisse unterstreichen insgesamt, dass es nachwievor ein prioritäres Ziel sein sollte, Strategien und Interventionen zu entwickeln, die einerseits Bildschirmzeiten reduzieren und andererseits Bewegung von mindestens moderater Intensität bevölkerungsweit fördern.