Diabetologie und Stoffwechsel 2014; 9(05): R21-R34
DOI: 10.1055/s-0034-1385355
Dus-Refresher
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Diabetes und Sport

M. Röhling
1   Institut für Klinische Diabetologie, Deutsches Diabetes-Zentrum an der Heinrich-Heine-Universität, Leibniz-Institut für Diabetesforschung, Düsseldorf
2   Deutsches Zentrum für Diabetesforschung, Partner Düsseldorf
,
K. Müssig
1   Institut für Klinische Diabetologie, Deutsches Diabetes-Zentrum an der Heinrich-Heine-Universität, Leibniz-Institut für Diabetesforschung, Düsseldorf
2   Deutsches Zentrum für Diabetesforschung, Partner Düsseldorf
3   Klinik für Endokrinologie und Diabetologie, Universitätsklinikum, Düsseldorf
,
T. Stemper
4   Arbeitsbereich Fitness und Gesundheit, Bergische Universität Wuppertal, Wuppertal
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
21. Oktober 2014 (online)

Definitionen

Körperliche Aktivität

Die körperliche Aktivität subsumiert viele Unterformen der physischen Bewegung (z. B. körperliches Training oder Alltagsbewegungen). Als Oberbegriff bezeichnet körperliche Aktivität jede Form von Aktivität, die in letzter Konsequenz eine Steigerung des Energieumsatzes zur Folge hat. Jede Form der Bewegung, sei es das Treppensteigen oder der Weg mit dem Fahrrad zur Arbeit, erhöht die physische Beanspruchung und steigert den energetischen Bedarf. Der Energieverbrauch ist abhängig von der Masse der eingesetzten Muskulatur, der Dauer, der Häufigkeit und der Intensität der Belastung. Sobald körperliche Aktivität zielgerichtet und geplant durchgeführt wird, handelt es sich um Training oder Übung. Körperliche Aktivität wird unterschiedlich kategorisiert. Sowohl die Intensität als auch die Regelmäßigkeit bzw. Häufigkeit können variiert werden und haben entscheidenden Einfluss auf den Energieumsatz. Je häufiger bzw. regelmäßiger und intensiver körperliche Aktivität in den Lebensalltag eingeplant wird, desto größer ist der reale Energieverbrauch und umso höher ist der gesundheitliche Nutzen. Ein anerkanntes Maß für die Einschätzung des Energieverbrauchs aufgrund körperlich-sportlicher Aktivität ist die metabolische Einheit MET (s. Abschnitt „Intensität der Aktivitäten“) [1] [2] [3] [4].

Der Begriff körperliche Aktivität umfasst alle Formen physischer Bewegung, die zu einer Steigerung des Energieumsatzes führen. Ein anerkanntes Maß ist die „metabolische Einheit“.


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Fitness

Aus der englischen Sprache hat sich das Wort Fitness im Deutschen über die Jahre etabliert. Allein wirkt dieses Wort diffus und unklar. Erst mit einem klaren Bezug (z. B. motorische Fitness, körperliche Fitness, geistige Fitness) wird seine Bedeutung eindeutig. Fitness wird definiert als Zustand einer im psychischen und physischen Bereich guten Leistungsbereitschaft für eine spezifische Aufgabe. Demzufolge ermöglicht eine vorhandene oder erworbene Leistungsfähigkeit bzw. Fitness eine resistentere Auseinandersetzung mit den spezifischen Aufgaben des Lebens [1] [5] [6].

Fitness bezeichnet einen Zustand guter Leistungsbereitschaft für eine spezifische Aufgabe sowohl im psychischen als auch physischen Bereich.

In der epidemiologischen Forschung wird der Begriff Fitness in der Regel im Sinne der kardiovaskulären bzw. kardiorespiratorischen Fitness verwendet (im Englischen als Cardiorespiratory Fitness [CRF] bezeichnet). Fitness wird dort in der Regel durch die Ermittlung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) erfasst und bewertet. Dabei wird aber außer Acht gelassen, dass motorische Fitness neben der durch die Höhe der VO2max ausgedrückten Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Atmung-Systems – die in Sportmedizin und Trainingswissenschaft unter dem Begriff Ausdauer thematisiert wird – auch die motorischen Grundeigenschaften bzw. Fähigkeiten Kraft, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination umfasst. Für eine gesundheitsbezogene Fitness, wie sie auch für Patienten mit Diabetes anzustreben ist, sollten daher – mit Ausnahme der dabei weniger relevanten Schnelligkeit – auch die weiteren drei Fähigkeiten Kraft, Beweglichkeit und Koordination gebührend berücksichtigt werden [1] [6] [7].

Gesundheitsbezogene Fitness sollte Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit und Koordination berücksichtigen.


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Sport

Die sportliche Betätigung stellt eine besondere Form der körperlichen Aktivität dar. Abgrenzend zu allen anderen physischen Beanspruchungen umfasst Sport im engeren Sinne die Auseinandersetzung mit Leistung und Wettkampf. In diesem Kontext wird Sport als muskuläre Beanspruchung mit Wettkampfcharakter oder mit dem Ziel einer herausragenden persönlichen Leistung definiert. Systematisches Training und Übungen zur (Bewegungs-)Therapie oder körperlichen Ertüchtigung unterscheiden sich durch das Fehlen des wettkampfspezifischen Charakters vom Sport. Im Kontext der Sportausübung werden darüber hinaus vielfältigste soziale und kommunikative Kompetenzen vermittelt. Von hoher Bedeutung ist auch die mannigfaltige Prägung positiver moralischer sowie ethischer Werte (z. B. Hilfsbereitschaft, Integration, Zielstrebigkeit, Fairness) [1] [3] [4] [5] [8].

Sport im engeren Sinne unterscheidet sich durch Wettkampfcharakter und das Anstreben herausragender Leistungen von systematischem Training zur körperlichen Ertüchtigung.


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