Diabetes aktuell 2014; 12(2): 55
DOI: 10.1055/s-0034-1378121
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Diabetes mellitus – Wirtschaft und Wissenschaft

Antje Bergmann
,
Peter E.H Schwarz
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Publication Date:
09 May 2014 (online)

Diabetes mellitus ist mittlerweile ein ernst zunehmender ökonomischer Faktor in Deutschland geworden. Dies ist einerseits der Tatsache geschuldet, dass medizintechnische und pharmazeutische Industrie gefordert sind, andererseits die Patienten mit Diabetes mellitus und deren Begleiterkrankungen und Komplikationen zu einem enormen Aufwand im Gesundheitssystem führen. Das ist nicht nur in Deutschland der Fall, diese Entwicklung zeichnet sich international ab. Die Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) stellt die Zunahme der Anzahl von Menschen mit chronischen Erkrankungen derzeit hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkung sogar über die Auswirkungen der Finanzkrise.

Warum ist das so? Diabetiker haben oft Begleiterkrankungen und Diabetes-Folgeerkrankungen, die ihre Teilnahme am Arbeitsprozess verhindern, werden häufiger berufs- oder erwerbsunfähig. Im Vordergrund dieser diabetischen Folgeerkrankungen stehen dabei sowohl makrovaskuläre Erkrankungen (Herzinfarkt und Schlaganfall) als auch mikrovaskuläre Komplikationen (Retinopathie, Nephropathie, Neuropathie).

Weiterhin finden wir bei einem nicht unbedeutendem Teil der Menschen mit Diabetes depressive Verstimmungen oder Depressionen, die ursächlich mit der Grunderkrankung zusammenhängen. Diese Komplikationen des Diabetes mellitus bewirken letztendlich die wachsende Morbidität des Patienten und bewirken in entscheidendem Maße die Kostenexplosion in der Behandlung und Betreuung. Aus diesem Grund beschäftigen wir uns in dem vorliegenden Heft mit Begleiterkrankungen und Komplikationen im Kontext der Behandlung eines Diabetes mellitus.

Nicolai Leuchten führt uns in die Thematik Diabetes und Rheuma ein. Welche Interaktionen und Auswirkungen hat diese Komorbidität einerseits auf die Behandlung des Diabetes mellitus, andererseits auf die antirheumatische Behandlung? Was sind Therapieziele und welche veränderten Therapiestrategien sind nötig, um diese komplexe Komorbidität adäquat zu behandeln?

Der kardiovaskuläre Risikopatient erfordert ein effektives aber priorisiertes Management. Inzwischen steht eine Vielzahl von oralen Antidiabetika zur Verfügung, mit denen eine suffiziente Blutzuckereinstellung erreicht werden kann. Sie unterscheiden sich aber zum Teil erheblich hinsichtlich ihres Einflusses auf kardiovaskuläre Risikoparameter. Was ist ein günstiges Risiko-Nutzen-Verhältnis, wenn wir über eine HbA1c-Absenkung nachdenken? Bettina Johanna Kraus stellt uns hierzu eine hervorragende Zusammenstellung der Neuinterpratation der Studienergebnisse großer Diabetes-Outcome-Studien dar.

Diabetes und Depressionen sind eine fatale Kombination. Angaben zur Prävalenz in der Literatur schwanken erheblich, von nur wenigen bis über die Hälfte der Betroffenen ist die Rede. Hier müssen ebenfalls die konsequente Blutzuckereinstellung und die Depressionsbehandlung Hand in Hand gehen. Ein depressiver Patient ohne Therapie hat viel schlechtere Chancen in Bezug auf das geforderte Selbstmanagement. Norbert Hermanns führt uns in diese komplexe Komorbidität ein und berichtet über „Collaborative Care“- und „Stepped Care“-Ansätze in der Behandlung dieser problematischen Konstellation.

Zu guter Letzt betrachten wir in diesem Heft die Folgeerkrankungen an der Niere. Wie erfolgt die korrekte Bestimmung der GFR und welche therapeutische Relevanz hat das bei Patienten mit Diabetes mellitus? Die korrekte Bestimmung der Nierenfunktion ist wesentlich für eine korrekte Medikamentendosierung, ebenso wichtig ist diese auch zur Abschätzung der kardiovaskulären Prognoseeinschätzung. Reinhard Brunkhorst berichtet in seinem Artikel über das Vorgehen bei Patienten mit beginnender oder stärkerer Einschränkung der Nierenfunktion. Welche Optionen haben wir für ein effektives Management von Diabetespatienten mit eingeschränkter Nierenfunktion? In den letzten Jahren hat der Zuwachs an neuen oralen Antidiabetika dazu geführt, dass Menschen auch mit eingeschränkter Nierenfunktion oral behandelt werden können. Der vorliegende Artikel gibt hierzu einen guten Überblick.

Wir hoffen, Ihnen mit diesem Heft den „komplizierten“ Diabetes näher bringen zu können. Wenn Sie sich die Zahlen anschauen, sehen Sie, dass diese Verlaufsformen und das Auftreten der Komplikationen mittlerweile Alltag geworden sind. Das vorliegende Heft soll Ihnen helfen, dieses besser zu erkennen und besser zu behandeln.

Herzliche Grüße aus Dresden und viel Spaß beim Lesen wünschen Ihnen

Ihre Antje Bergmann und Peter Schwarz