Pneumologie 2014; 68(06): 434-435
DOI: 10.1055/s-0034-1377127
Leserbrief
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Antwort

P. Morfeld
,
D. A. Groneberg
,
M. Spallek
Further Information

Publication History

Publication Date:
10 June 2014 (online)

Wir danken Herrn Prof. Köhler für das Interesse an unserer Arbeit [1] und seinen Leserbrief [2] .

Prof. Köhler fasst unsere Resultate korrekt zusammen: Die Einführung der Umweltzonen hatte einen marginalen Effekt auf die Höhe der PM10-Staubkonzentrationen. Eine Absenkung der PM10-Werte zur Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte der EU war jedoch der Grund für die Einführung von Umweltzonen. Auch für die Ruß- und PM2.5-Konzentrationen fanden wir keine ausgeprägteren Wirkungen. Anders lautende Ergebnisse [3] [4] sind entweder nicht reproduzierbar [5], haben keine Vergleichsstationen mitgeführt [6] oder adjustieren ungenügend [7] [8] und beziehen sich lediglich auf einzelne Umweltzonen [3] [4] [6] [7] [8]. Bei genauerer Betrachtung einzelner Veröffentlichungen entsteht zudem der Eindruck, dass einige Schlussfolgerungen eher überzeugungsbasiert sind als faktenorientiert.

Der Hauptteil des Leserbriefs von Prof. Köhler bespricht die gesundheitliche Bedeutung von Feinstaubbelastungen aus der Umwelt. Obgleich unser Thema auf die Änderung der Schadstoffkonzentration durch die Umweltzoneneinführung beschränkt ist, und wir keine Auswirkungsüberlegungen angestellt haben, möchten wir auf Morfeld et al. 2013 [9] hinweisen, wo die Hintergründe zur Entscheidung einer working group bei der International Agency for Research on Cancer (IARC) diskutiert werden, erstmals ein weltweit sowohl stoff- wie auch quellenbezogen sehr heterogenes Substanzgemisch „outdoor air pollution“ als krebserzeugend beim Menschen einzustufen [10]. Die IARC working group betonte dabei zusätzlich die Rolle der Feinstaubbelastung („particulate matter from outdoor air pollution“). Zudem versuchen die Autoren [9] eine Einbettung in den europäischen Kontext [11] [12]. Ausführlich besprechen Morfeld et al. [9] eine Vielzahl relevanter Limitationen der zugrunde liegenden epidemiologischen Studien. Dies legt eine zurückhaltende Interpretation nahe, und insofern stimmen wir den kritischen Anmerkungen von Prof. Köhler zu.

Prof. Köhler weist auf die wesentlich höheren Belastungen an Arbeitsplätzen hin und führt beispielhaft das Silikoserisiko an. Auch diese Ungereimtheit von Erfahrungen am Arbeitsplatz und berichteten Umweltrisiken wird in [9] angesprochen. Zudem sei auf eine Analyse zum Silikoserisiko der deutschen Porzellanarbeiterkohorte hingewiesen, aus der sich eine Schwellenwertschätzung für die alveolengängige Quarzstaubkonzentration bei 0,25 mg/m3 ergibt [13]. Diese Risikoschätzung passt schlecht zu den berichteten Wirkungen geringer Umweltbelastungen. Insofern stimmen wir auch in diesem Punkt Herrn Prof. Köhler zu, dass die Diskrepanz zwischen den relativ geringen Wirkungen deutlich höherer Staubexpositionen am Arbeitsplatz im Vergleich zu den beschriebenen Wirkungen der vergleichsweise niedrigen Umweltbelastungen aufklärungsbedürftig ist. Interessant ist ebenfalls der Vergleich zur Feinstaubquelle Zigarette: Hier weisen Studien z. B. in Telefonzellen auf maximale PM10-Konzentrationen von im Durchschnitt über 1050 ± 230 μg/m3 durch das standardisierte Verrauchen einer Zigarette hin [14]. Diese PM10-Werte sind über 20× höher als solche, die bei mobilen Feinstaubmessungen in Messfahrzeugen erfasst wurden [15].

 
  • Literatur

  • 1 Morfeld P, Groneberg D, Spallek M. Wirksamkeit von Umweltzonen in der ersten Stufe: Analyse der Feinstaubkonzentrationsänderungen (PM10) in 19 deutschen Städten. Pneumologie 2014; 68: 173-186
  • 2 Köhler D. Leserbrief zum Artikel von Morfeld P et al. Pneumologie 2014; 68: 433-434
  • 3 Cyrys J, Peters A, Wichmann H-E. Umweltzone München – Eine erste Bilanz. Umweltmedizin in Forschung und Praxis 2009; 14: 127-132
  • 4 Cyrys J, Peters A, Soentgen J et al. Low emission zones reduce PM10 mass concentrations and diesel soot in German cities. Journal of the Air & Waste Management Association 2014; 64: 481-487
  • 5 Morfeld P, Stern R, Builtjes P et al. Einrichtung einer Umweltzone und ihre Wirksamkeit auf die PM10-Feinstaubkonzentration – eine Pilotanalyse am Beispiel München. Zbl Arbeitsmed Arbeitsschutz Ergon 2013; 63: 104-115
  • 6 Qadir RM, Abbaszade G, Schnelle-Kreis J et al. Concentrations and source contributions of particulate organic matter before and after implementation of a low emission zone in Munich, Germany. Environ Pollut 2013; 175: 158-167
  • 7 Rasch F, Birmli W, Weinhold K et al. Signifikante Minderung von Ruß und der Anzahl ultrafeiner Partikel in Außenluft als Folge der Umweltzone in Leipzig. Gefahrstoffe – Reinhaltung der Luft 2013; 73: 483-490
  • 8 Rauterberg-Wulff A, Lutz M. Wirkungsuntersuchungen zur Umweltzone Berlin. UMID Umwelt und Mensch – Informationsdienst. In: Bundesamt für Strahlenschutz, Bundesinstitut für Risikobewertung, Robert Koch-Institut, Umweltbundesamt. Berlin: 2011: 11-18
  • 9 Morfeld P, Keil U, Spallek M. The European “Year of the Air”: fact, fake or vision?. Arch Toxicol 2013; 87: 2051-2055
  • 10 Loomis D, Grosse Y, Lauby-Secretan B et al. The carcinogenicity of outdoor air pollution Lancet Oncol. 2013; 14: 1262-1263
  • 11 IIASA. Policy scenarios for the revision of the thematic strategy on air pollution version 1.2. (TSAP report # 10, revised 10 April 2013). Available at http://www.iiasa.ac.at/web/home/research/researchPrograms/MitigationofAirPollutionandGreenhousegases/TSAP_10-v1-2.pdf [Accessed 10 Sept 2013]
  • 12 WHO Regional Office for Europe. Reviewof evidence on health aspects of air pollution – REVIHAAP project: Final technical report. Air quality in Europe; 2013a. Available from: www.euro.who.int/en/what-we-do/health-topics/environment-and-health/air-quality/publications/2013/review-of-evidence-on-health-aspects-of-air-pollution-revihaap-project-final-technical-report
  • 13 Morfeld P, Mundt KA, Taeger D et al. Threshold value estimation for respirable quartz dust exposure and silicosis incidence among workers in the German porcelain industry. J Occup Environ Med 2013; 55: 1027-1034
  • 14 Mueller D, Schulze J, Ackermann H et al. Particulate matter (PM) 2.5 levels in ETS emissions of a Marlboro Red cigarette in comparison to the 3R4F reference cigarette under open- and closed-door condition. J Occup Med Toxicol 2012; 7: 14
  • 15 Uibel S, Scutaru C, Mueller D et al. Mobile air quality studies (MAQS) in inner cities: particulate matter PM10 levels related to different vehicle driving modes and integration of data into a geographical information program. J Occup Med Toxicol. 2012; 7: 20