Geburtshilfe Frauenheilkd 2014; 74 - A24
DOI: 10.1055/s-0034-1376484

Schulterdystokie – Single-Center-Erfahrung aller Fälle am Uniklinikum Dresden für einen Zeitraum von 10 Jahren

PL Häßle 1, P Wimberger 1, R Lachmann 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

Zielsetzung:

Die Schulterdystokie ist ein geburtshilflicher Notfall mit ausgeprägter potentieller maternaler und fetaler Morbidität und Mortalität. Betroffene Schwangerschaften sind betroffen von fetaler Asphyxie, Frakturen, Läsionen des Plexus brachialis und maternalen Geburtsverletzungen infolge der notwendigen Lösungsmethoden. Bislang konnten als antepartale Risikofaktoren die fetale Makrosomie, die maternale Adipositas, Diabetes mellitus und der Z.n. Schulterdystokie identifiziert werden. Als intrapartale Risikofaktoren gelten eine protrahierte Eröffnungs- oder Austreibungsperiode mit langer Oxytocin-Gabe, sowie die vaginal-operative Entbindung. Diese Arbeit untersucht sowohl bekannte Risikofaktoren für das Auftreten einer Schulterdystokie, sowie das maternale und fetale Outcome an unserem Perinatalzentrum Level 1 retrospektiv über einen Zeitraum von 10 Jahren.

Methode:

Eingeschlossen wurden die im Zeitraum Januar 2005-Januar 2014 aufgetretenen Fälle mit Schulterdystokie nach spontaner oder vaginal-operativer Entbindung an der Universitätsfrauenklinik Dresden. Analysiert wurden die bekannten maternalen und fetalen Risikofaktoren, sowie neonatales und maternales Outcome unter Berücksichtigung der verwendeten Methoden zur Lösung der Schulterdystokie. Die statistische Analyse erfolgte mit Microsoft® Exel.

Ergebnisse:

Insgesamt konnten 28 Fälle stattgehabter Schulterdystokien identifiziert und analysiert werden werden. Das mittlere maternale Alter betrug 28,2 Jahre, 57% der Patientinnen waren Erstgravida, der mittlere maternale BMI betrug 30,16 ± 5,32 (SD) kg/m2, die mittlere Gewichtszunahme während der Schwangerschaft 17,02 kg ± 4,74 (SD). Ein Diabetes bestand in 14,3% der Fälle. Das mittlere Geburtsgewicht betrug 4003 g ± 484,64 (SD) und Extremwerten von 3150 g bzw. 5160 g. Hierbei lagen 42,9% der Neugeborenen in einem Bereich von 3000 – 3999 g, 32,1% in einem Bereich von 4000 – 4499 g. Der mittlere Nabelschnurarterien-pH betrug 7,21 ± 0,09 (SD), der mittlere APGAR (1/5/10) betrug 6,36 ± 2,38 (SD)/8,04 ± 2,32 (SD)/8,82 ± 1,91 (SD). In einem von 28 Fällen kam es zur Humerusfraktur, in 2 von 28 Fällen zur Plexusparese. An Lösungsmanövern wurden in 96,4% der Fälle das McRoberts-Manöver mit im Mittel 3 Durchführungen gewählt, in 28,6% wurden Manöver nach Woods/Rubin durchgeführt, ebenfalls in 28,6% wurde ein suprasymphysärer Druck ausgeübt. Eine Armlösung war in 7,1% der Fälle notwendig. Die Anzahl der verschiedenen Manöver betrug durchschnittlich 1,6 für eine erfolgreiche Entwicklung. Eine Episiotomie wurde in 50% der Fälle durchgeführt, in 21,4% kam es zu Scheidenrissen, in 35,7% zu Damrissen maximal II. Grades. Im Jahr 2010 verstarb ein Neugeborenes am 6. postpartalen Tag nach Apgar 0/0/2, NApH 7.07, Geburtsgewicht 5160 g. Hier wurden 3 verschiedene Lösungsmanöver bis zur Entbindung angewandt. Basis für die Betreuung der Spontangeburt war ein nicht dokumentierter Diabetes mellitus und Ablehnung einer empfohlenen primären Sectio caesarea nach Aufklärung über die geburtshilflichen Risiken durch die betreuenden Geburtshelfer bei sonographischem Verdacht auf fetale Makrosomie.

Diskussion:

Unsere eigenen Erfahrungen bestätigen, dass die Schulterdystokie einen geburtshilflicher Notfall mit potentieller Maximalpathologie, also dem Verlust der Schwangerschaft, darstellen kann. Für die Mehrzahl der betroffen Schwangerschaften können bei einem geschulten Team jedoch die Folgen für Mutter und Kind minimiert werden.